Executive Summary – Benchmarking 2021

Vergleich der Schweizer Zulassungszeiten für Humanarzneimittel mit der EU und den USA

04.08.2021

Die pharmazeutischen Firmen und Swissmedic haben 2021 zum achten Mal die gemeinsame Benchmarking Studie der Zulassungszeiten für Humanarzneimittel durchgeführt. Mit der Gegenüberstellung der Zulassungszeiten der European Medicines Agency (EMA), der US Food and Drug Administration (FDA) und Swissmedic konnte die Leistung der Swissmedic als unabhängige nationale Zulassungsbehörde mit den Leistungen der grossen, internationalen Referenzbehörden verglichen werden. Neben dem internationalen Benchmarking enthält die Studie auch eine differenzierte Analyse der nationalen Zulassungsprozesse.

Die ausgewerteten Daten umfassen die zwischen 1. Januar und 31. Dezember 2020 abgeschlossenen Gesuche. Die Übergangsphase zwischen dem alten und dem neuen Heilmittelrecht, das am 1. Januar 2019 in Kraft getreten ist, hält an. Mit 77 Prozent wurde jedoch in 2020 die Mehrheit der ausgewerteten Gesuche nach neuem Heilmittelrecht abgeschlossen (Vorjahr 12 Prozent).

In der aktuellen Studie konnten Access- und Orbis-Gesuche, bei denen Swissmedic mit internationalen Partnerbehörden zusammenarbeitet, sowie die neu eingeführte befristete Zulassung erstmals in die Auswertung einfliessen. Allerdings war die Anzahl für separate Auswertungen noch zu gering. Ebenfalls zum ersten Mal wurden Auswertungen zu Neuanmeldungen von Phytoarzneimitteln im vereinfachten Verfahren und dem neuen Verfahren nach Artikel 14 Abs. 1 Bst. abis-quater HMG erstellt.

An der aktuellen Benchmarking Studie haben 78 Firmen (+3 Prozent) teilgenommen. Sie decken 77 Prozent des gesamten Marktes respektive 80 Prozent des Marktes mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ab. Diese hohen Anteile ermöglichen es, aus den Analysen aussagekräftige Schlüsse zu ziehen.

Studienresultate

Generell lässt sich gegenüber dem Vorjahr bei Swissmedic ein Trend zur vermehrten Nutzung der beschleunigten Verfahren (BZV, VmVA) feststellen. Ausserdem wurden erstmals Gesuche für neue aktive Substanzen (NA NAS) und Indikationserweiterungen (IE) im Projekt Orbis berücksichtigt. Die Effekte davon zeigen sich bei den entsprechenden Auswertungen. Beim Standardverfahren hingegen sind keine signifikanten Veränderungen bezüglich der Durchlaufzeiten ersichtlich.

Neuanmeldungen neuer aktiver Substanzen (NA NAS)

Bei den NA NAS Gesuchen ist eine vermehrte Anwendung der beschleunigten Zulassungsverfahren (BZV und VmVA) von 25 Prozent (im Vorjahr 8 Prozent) feststellbar. Entsprechend ging die Gesamtdurchlaufzeit aller Verfahren gegenüber dem Vorjahr um beachtliche 20 Prozent zurück (427 Kalendertage [KT] im Vergleich zu 532 KT im Vorjahr). Swissmedic ist damit nahe an die EMA herangerückt (395 KT).

Im Standardverfahren liegt der Medianwert für die Gesamtdurchlaufzeit in der Schweiz bei 535 KT (-4 Prozent), jener der EMA bei 459 KT (+14 Prozent) und der FDA bei 305 KT (-4 Prozent).

Eine Auswertung der befristeten Zulassung auf Gesuch hin war in der aktuellen Studie nicht möglich, da 4 der 5 ausgewerteten Gesuche ursprünglich im Standardverfahren beantragt und erst bei Gesuchsabschluss von Swissmedic befristet zugelassen wurden. Entsprechend kamen bei diesen Gesuchen keine beschleunigten Fristenmuster zur Anwendung.

Indikationserweiterungen (IE)

Über alle Verfahren für Indikationserweiterungen liegt der Medianwert in der Schweiz bei 358 KT (-6 Prozent), bei der EMA bei 270 KT (-10 Prozent) und bei der FDA bei 184 KT (±0 Prozent). Im Standardverfahren beträgt der Medianwert in der Schweiz unverändert 382 KT (±0 Prozent), bei der EMA 270 KT (-9 Prozent) und bei der FDA 303 KT (±0 Prozent).

Eine deutliche Verkürzung der Bearbeitungszeit zeigte sich hingegen bei Indikationserweiterungen, welche im Rahmen von Orbis in Zusammenarbeit mit der FDA begutachtet wurden: Die Durchlaufzeit betrug bei diesen IE in der Schweiz lediglich 180 KT (-50 Prozent gegenüber dem Standardverfahren).

Bekannte Wirkstoffe (BWS) ohne Innovation (Generika)

Im Standardverfahren liegt der Swissmedic-Medianwert für die Gesamtdurchlaufzeit bei 422 KT (-16 Prozent), verglichen mit 446 KT (+12 Prozent) bei der EMA und 1516 KT (+17 Prozent) bei der FDA.

Im Jahr 2020 sind 46 Prozent (+2 Prozent) der BWS ohne Innovation im Verfahren nach Artikel 13 HMG abgewickelt worden, wobei die Zulassungszeit gegenüber dem Standardverfahren um 25 Prozent reduziert ist und im Median nur bei 315 KT (+6 Prozent) liegt.

Biosimilar

Bei den Neuanmeldungen von Biosimilar wurde in 3 von 4 Fällen das Art. 13 HMG Verfahren angewandt, weshalb keine Auswertung des Standardverfahrens möglich war. Der Medianwert für die Gesamtdurchlaufzeit von Biosimilars nach Art. 13 HMG in der Schweiz liegt bei 294 KT, jener der EMA bei 450 KT und der FDA bei 363 KT.

Phytoarzneimittel

Es konnten erstmals 2 Neuanmeldungen von Phytoarzneimitteln im vereinfachten Verfahren ausgewertet werden. Die Zulassungszeiten sind vergleichbar mit denjenigen von bekannten Wirkstoffen.

Ausblick

Die vermehrte Nutzung der beschleunigten Zulassungsverfahren (BZV, VmVA) und die internationale Zusammenarbeit im Rahmen von Orbis trägt wesentlich zur Reduktion der Durchlaufzeiten bei.

Die ersten Erfahrungen zeigen, dass mit Orbis ein neues Verfahren ins Repertoire aufgenommen wurde, welches bei hoher Begutachtungsintensität sehr kurze Zulassungszeiten erlaubt. Mit dem anhaltenden Innovationstrend in der Onkologie darf erwartet werden, dass die Anwendung von Orbis zukünftig die Zulassungszeiten von innovativen Arzneimittel nachhaltig beschleunigt.

Sofern die Firmen bereits mit der Gesuchseinreichung eine befristete Zulassung beantragen, kommt das Fristenmuster des BZV zur Anwendung. Dies bietet den Firmen eine weitere Möglichkeit, innovative Arzneimittel rasch auf den Markt zu bringen. Das 2020 neu eingeführten AAA Meeting trägt zudem dazu bei, dass der Verfahrensweg im Dialog mit den Firmen frühzeitig und effizient mit Swissmedic geklärt werden kann.

Swissmedic hat im 2. Halbjahr 2020 ebenfalls verschiedene Massnahmen zur Optimierung der Labellingphase getroffen, insbesondere zur Vermeidung von Textprüfungsrunden (siehe dazu auch die Mitteilung von Swissmedic vom 07/2020). Es ist zu erwarten, dass sich diese Massnahmen im laufenden Jahr 2021 erstmals auswirken und damit auch Gesuche im Standardverfahren rascher zum Abschluss gebracht werden können.

In welchem Masse sich die Anwendung der befristeten Zulassung, die Orbis-Gesuche und die Massnahmen zur Optimierung der Labellingphase auf die Durchlaufzeiten auswirken, wird Gegenstand der nächsten Benchmarking Studie sein.

Letzte Änderung 04.08.2021

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