Untersuchung von Berichten über Myokarditiden in Zusammenhang mit mRNA Impfstoffen gegen Covid-19

Information für medizinische Fachpersonen

04.06.2021

Weltweit werden im Moment sehr seltene Verdachtsberichte von Myokarditiden in möglichem Zusammenhang mit der Anwendung von mRNA Impfstoffen gegen Covid-19 untersucht. Swissmedic liegen bislang nur relativ wenige UAW-Meldungen von Myokarditiden vor. Trotzdem erachtet Swissmedic eine Information für medizinische Fachpersonen zum aktuellen Stand der Erkenntnisse als sinnvoll.

Eine Myokarditis ist eine entzündliche Herzerkrankung, die vor allem von Viren verursacht wird. Auslöser können aber auch andere infektiöse Erreger sowie toxische Substanzen, Arzneimittel oder immunvermittelte Erkrankungen sein,

Die Inzidenz von Myokarditiden wird mit etwa 22 zu 100’000 angegeben (zum Vergleich: die Inzidenz für akuten Myokardinfarkt liegt in der Schweiz zehnmal höher bei 227 zu 100’000). Zu den typischen Symptomen einer akuten Myokarditis zählen Brustschmerzen, Dyspnoe, Abgeschlagenheit und Palpitationen bis hin zu Synkope und kardiogenem Schock bei schweren Fällen.

Die klinische Beschwerdesymptomatik einer Myokarditis kann sehr variabel sein und sogar einem akuten Myokardinfarkt ähneln. Eine Myokarditis sollte bei Patientinnen und Patienten, welche eine Erhöhung von kardialen Biomarkern wie Troponin aufweisen oder EKG-Veränderungen zeigen, die mit einem Myokardschaden vereinbar sind oder eine bislang nicht bekannte Herzrhythmusstörung dokumentieren, immer in Betracht gezogen werden.

Gleichfalls können Veränderungen der linksventrikulären Morphologie und Funktion im Herzecho oder Herz-MRT (magnetische Resonanz-Tomographie) durch eine Myokarditis bedingt sein. Messungen der Entzündungsreaktion und deren Verteilungsmuster im Herz mittels Herz-MRT ermöglichen mit hoher Sicherheit die Diagnose einer Myokarditis zu stellen. Zusammengefasst beruht die klinische Verdachtsdiagnose einer Myokarditis auf einer Kombination klinischer Parameter und Befunde.

Spontanmeldungen aus der Schweiz

Vor dem Hintergrund von bald 5 Millionen verabreichten Impfdosen (Stand Anfang Juni 2021) wurden Swissmedic bis zum 27.05.2021 folgende Fälle gemeldet: Myokarditis (n=2), Perimyokarditis (n=4) und Perikarditis (n=6), wobei es Überlappungen zwischen diesen Krankheitsbildern gibt. Die Melderate für die genannten Reaktionen beträgt somit bisher etwa 1 pro 400’000 Impfdosen. Die Meldungen betreffen 3 Frauen und 8 Männer, in einem Fall ist das Geschlecht nicht bekannt. Das mittlere Alter liegt bei 47 Jahren (Spanne 18–70). Vier Meldungen betreffen Comirnaty und sieben den Impfstoff von Moderna, einmal fehlt diese Angabe.

In neun Fällen traten die Beschwerden nach der ersten und in drei nach der zweiten Impfung auf. Die Zeit zwischen der letzten Impfung und der Reaktion lag im Mittel bei 8,75 Tagen (Spanne 1 bis 28 Tage). Fünf von 12 Patienten wiesen relevante Vorerkrankungen auf, u.a. chronische Niereninsuffizienz, Zustand nach Nierentransplantation, myelodysplastisches Syndrom, rezidivierende Perikarditis (bei jetzt gemeldeter Perikarditis nach Impfung). Ein Patient (Alter 67 Jahre) mit kardialen Vorerkrankungen und dialysepflichtiger Niereninsuffizienz entwickelte einen kardiogenen Schock und verstarb. Die meisten anderen Fälle zeigten, soweit aus den Unterlagen ersichtlich, einen eher milden Verlauf oder endgültige Angaben zum Ausgang der Erkrankung liegen noch nicht vor.

Internationale Verdachtsberichte

Auch International werden zurzeit sehr seltene Verdachtsfälle von Myokarditis/Perikarditis nach Impfungen mit mRNA-Impfstoffen gegen Covid-19 untersucht. Eine Kommission zur Impfstoffsicherheit des US-amerikanischen Center for Disease Control and Prevention (CDC) hat kürzlich darauf hingewiesen, dass bislang nur relativ wenige Fälle von Myokarditis gemeldet wurden. Die gemeldeten Verdachtsfälle von Myokarditiden scheinen vor allem bei Heranwachsenden und jungen Erwachsenen aufzutreten, häufiger bei männlichen Geimpften und nach der zweiten Impfdosis. Typischerweise beginnen die Beschwerden in den ersten vier Tagen nach der Impfung und die gemeldeten Fälle zeigten in der Mehrzahl einen milden Verlauf.

Vorläufiges Fazit und Empfehlung für medizinische Fachpersonen

Ob tatsächlich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den mRNA Impfstoffen und diesen Reaktionen besteht, wird momentan international bei gesamthaft niedriger Melderate, tiefer Hintergrundinzidenz der Erkrankung und klinischer Komplexität der gemeldeten Fälle als unklar eingestuft.

Medizinische Fachpersonen sollten auf jeden Fall diese Verdachtsdiagnose in Betracht ziehen, wenn bei Personen in engem zeitlichen Zusammenhang nach einer Impfung Beschwerden auftreten, die mit einer Myokarditis/Perikarditis vereinbar sind und nicht durch andere Herzerkrankungen verursacht wurden.

Verdachtsfälle sollten mit den entsprechenden Untersuchungsergebnissen an Swissmedic gemeldet werden. Das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis der in der Schweiz eingesetzten mRNA Impfstoffe ist durch diese Verdachtsberichte derzeit nicht beeinflusst.

Swissmedic überwacht dieses Thema in Kooperation mit den regionalen Pharmacovigilance-Zentren und im engen Austausch mit ausländischen Behörden weiterhin aufmerksam und wird unverzüglich informieren bzw. Massnahmen zur Risikominimierung einleiten, sofern neue Aspekte bekannt werden.