Aktualisierte Informationen zu BIA-ALCL

Meldungen zu Brustimplantat-assoziierte anaplastische Grosszell-Lymphom (BIA-ALCL) in der Schweiz 2012 bis 2024

20.12.2024

Betroffene Produkte: Brustimplantate, alle Typen, Arten und Modelle aller Hersteller

Hintergrund:
Swissmedic publizierte wiederholt Hinweise zu BIA-ALCL:

Version 12/2024

Brustimplantate sind Medizinprodukte[1], die zur Vergrösserung oder Wiederherstellung der Brust verwendet werden. Sie können verschiedene Oberflächenstrukturen haben (meist glatt oder texturiert) und werden aus verschiedenen Materialien hergestellt.
In der Vergangenheit gab es Unklarheiten bezüglich des Auftretens von Brustimplantat assoziierten Erkrankungen, speziell einer bestimmten Art von Lymphom (Brustimplantat-assoziierte anaplastische Grosszell-Lymphom (BIA-ALCL)).

Swissmedic sind innert zwölf Jahren, von 2012 bis Ende Juli 2024, total 21 Fälle von BIA-ALCL gemeldet worden, welche in der Schweiz entdeckt wurden.

Weltweit haben über 10 Millionen Frauen Brustimplantate. Neuere Untersuchungen schätzten, dass 1 in 3’000 bis 30’000 Frauen mit Brust-Implantaten BIA-ALCL entwickeln, gewisse Studien zeigen jedoch höhere Inzidenzraten.[2][3][4]

Zu beachten: Es ist wichtig, dass Fachpersonen und Patientinnen über das Risiko von BIA-ALCL informiert sind und alle Verdachtsfälle und bestätigten Fälle von BIA-ALCL Swissmedic (mittels Formular Anwendermeldung) gemeldet werden, mit dem Ziel langfristig die Sicherheit von Brustimplantaten zu verbessern.

Informationen für Patientinnen:

  • Falls Sie gesundheitliche Bedenken im Zusammenhang mit Ihren Implantaten haben, sollten Sie eine medizinische Fachperson aufsuchen.
  • Symptome von BIA-ALCL können eine starke Schwellung der Brust, Hautveränderungen oder tastbare Knoten umfassen. Die Symptome zeigen sich im Falle von BIA-ALCL meist erst Jahre nach der Implantation.
  • Es ist wichtig, rasch ärztliche Abklärungen vorzunehmen, wenn Sie solche Symptome bemerken.

Ergänzende Informationen für Fachpersonen:

  • BIA-ALCL ist das seltene Auftreten eines Lymphoms im Gewebe, das das Brustimplantat umgibt. Es ist seit 2016 von der WHO als eigene Krankheitsentität beschrieben und ist morphologisch und immunphänotypisch nicht von einem ALK-negativen, anaplastischen Grosszelllymphom (ALCL) zu unterscheiden.[5]
  • Nur ca. 1/3 der Patientinnen zeigt eine axilläre Lymphadenopathie4.
  • Üblicherweise hat das BIA-ALCL einen indolenten klinischen Verlauf und eine gute Prognose, falls es frühzeitig diagnostiziert und behandelt wird.[6],[7]
  • Das BIA-ALCL wird üblicherweise durch das Vorhandensein von Flüssigkeit im Gewebe (Serom) um das Implantat und durch Biopsie diagnostiziert.
  • Der Inhalt des Implantates (Kochsalzlösung oder Silikon) scheint keine Rolle in der Pathogenese zu spielen, die Oberflächenstruktur jedoch schon.[8]
  • Die mutmasslichen pathogenen Auslöser beinhalten den Biofilm und die Silikonhülle, die direkt oder indirekt immunogen wirken. [9],[10]
  • Nach dem Einbringen eines Brustimplantates sind regelmässige Nachuntersuchungen wichtig, um Komplikationen frühzeitig zu erkennen.
  • Es gibt klare Hinweise darauf, dass das Risiko für BIA-ALCL bei texturierten Brustimplantaten höher ist als bei Implantaten mit glatter Oberfläche[11]. Die FDA (Food and Drug Administration) fand 2019 und 2020 in einer Stichprobe zu BIA-ALCL aus 520 resp. 733 Meldungen folgende Zahlen. Die betroffenen Implantate waren zu 67% respektive 68% texturierte Implantate und 5%, respektive 4% glattwandige Implantate.[12]
  • Swissmedic empfiehlt Fachpersonen vor entsprechenden Eingriffen eine klare Kommunikation über Risiken und Nutzen von Brustimplantaten sowie eine sorgfältige Abwägung von Alternativen.

[1] MepV Art. 3 Medizinprodukt und deren Zubehör

[2] Doren EL, Miranda RN, Selber JC, et al. U.S. Epidemiology of Breast Implant-Associated Anaplastic Large Cell Lymphoma. Plastic and reconstructive surgery. 2017;139(5):1042-1050.

[3] Cordeiro PG, Ghione P, Ni A, et al. Risk of breast implant associated anaplastic large cell lymphoma (BIA-ALCL) in a cohort of 3546 women prospectively followed long term after reconstruction with textured breast implants. Journal of plastic, reconstructive & aesthetic surgery: JPRAS. 2020;73(5):841-846

[4] Nelson JA, Dabic S, Mehara BJ, et al. Breast Implant-associated Anaplastic Large Cell Lymphoma Incidence: Determining an Accurate Risk. Annals of surgery. 2020;272(3):403-409

[5] WHO Classification of Tumors of Haematopoietic and Lymphoid Tissues, revised 4th Edition, Edited by Steven H.Swerdlow et al., International Agency for Research on Cancer, Lyon, 2017. P.421

[6] WHO Classification of Tumors of Haematopoietic and Lymphoid Tissues, revised 4th Edition, Edited by Steven H.Swerdlow et al., International Agency for Research on Cancer, Lyon, 2017. P.422

[7] The Crucial Role of Surgical Treatment in BIA-ALCL Prognosis in Early- and Advanced-Stage Patients; Campanale, Antonella M.D. et al, Plastic and Reconstructive Surgery 146(5):p 530e-538e, November 2020.

[8] Miranda RN, et al. Breast implant-associated anaplastic large-cell lymphoma: long-term follow-up of 60 patients. J Clin Oncol. 2014 Jan 10;32(2):114-20.

[9] Malcolm TI, et al. Challenging perspectives on the cellular origins of lymphoma. Open Biol. 2016 Sep;6(9):160232.

[10] Institute of Medicine (US) Committee on the Safety of Silicone Breast Implants. Safety of Silicone Breast Implants. Bondurant S, Ernster V, Herdman R, editors. Washington (DC): National Academies Press (US); 1999.

[11] Scientific Committee on Health, Environmental and Emerging Risks (SCHEER); Final Opinion on the safety of breast implants in relation to anaplastic large cell lymphoma, p.31f

[12] https://www.fda.gov/medical-devices/breast-implants/medical-device-reports-breast-implant-associated-anaplastic-large-cell-lymphoma