Diverse Firmen in der Schweiz bieten die Lagerung von Nabelschnurblut und Nabelschnurgewebe an. Das Bundesamt für Gesundheit hat Informationen zu Blut-Stammzellen aus Nabelschnurblut publiziert:
Ausgangslage
Die vorliegende Publikation bezieht sich ausschliesslich auf Nabelschnurgewebe.
Firmen, welche die Einlagerung von Nabelschnurgewebe anbieten, stellen in Aussicht, dass das eingefrorene Gewebe respektive die darin enthaltenen mesenchymalen Stammzellen zukünftig für Stammzelltherapien eingesetzt werden können.
Aktuell sind in der Schweiz keine klinischen Studien mit Produkten aus Nabelschnurgewebe bewilligt und es ist kein entsprechendes Herstellungsverfahren oder Produkt zugelassen.
Rechtliche Klassifizierung
Transplantatprodukte sind gemäss Art. 2, Bst. c und d der Transplantationsverordnung (TpV, SR 810.211) Produkte, die aus menschlichen Organen, Geweben oder Zellen bestehen oder solche enthalten, wobei
a. die Organe, Gewebe oder Zellen entweder substanziell bearbeitet wurden oder
b. an der Empfängerstelle nicht die gleiche Funktion ausüben wie an der Entnahmestelle (Funktionsänderung oder nicht-homolog e Anwendung).
Transplantatprodukte unterstehen neben dem Transplantationsgesetz (TpG, SR 810.21) auch dem Heilmittelgesetz (HMG, SR 812.21) und seinen Ausführungsbestimmungen. Demnach benötigen alle Unternehmen und Institutionen, die Transplantatprodukte herstellen oder mit diesen umgehen, entsprechende Betriebsbewilligungen seitens Swissmedic (Art. 5 und 18, HMG).
Für die Anwendung an Patienten ist zudem für die Transplantatprodukte selbst (Art. 9, HMG) oder deren standardisierbares Herstellungsverfahren (Art. 32 der Arzneimittelverordnung VAM) eine Zulassung seitens Swissmedic erforderlich, oder sie dürfen nur im Rahmen einer durch Swissmedic bewilligten und kontrollierten klinischen Studie angewendet werden (Art. 54, HMG).
In der Schweiz gilt Nabelschnurgewebe als nicht-verwendungsfertiges Transplantatprodukt, da einerseits davon auszugehen ist, dass es nicht ohne weitere substanzielle Bearbeitung angewendet werden kann und es andererseits nicht dazu bestimmt ist, bei der empfangenden Person dieselbe Funktion wie bei der spendenden Person auszuüben. Eine Funktionsänderung liegt dann vor, wenn entnommene Zellen oder Gewebe nicht dazu verwendet werden, um an einer anderen Stelle des menschlichen Körpers in der gleichen histologischen Umgebung ihre ursprüngliche, grundlegende Funktion auszuüben.
Da aus der Nabelschnur gewonnene mesenchymale Stammzellen nicht wieder in die gleiche histologische Umgebung (Nabelschnurgewebe) injiziert werden, sondern in ein anderes Zielgewebe oder zu einem anderen Zweck, handelt es sich um eine Funktionsänderung. In diesem Fall kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Gewebe oder Zellen ihre ursprüngliche, grundlegende Funktion ausüben.
Voraussetzungen zur Erteilung einer Betriebsbewilligung im Umgang mit Nabelschnurgewebe
Die Arzneimittelbewilligungsverordnung (AMBV, SR 812.212.1) definiert die Voraussetzungen für die Erteilung einer Betriebsbewilligung für die Herstellung, den Grosshandel, die Ein- und Ausfuhr, den Handel mit Arzneimitteln von der Schweiz aus im Ausland, sowie für die Mäkler- oder Agenturtätigkeit in Zusammenhang mit Arzneimitteln. Die AMBV gilt sinngemäss auch für den Umgang mit Transplantatprodukten und somit für Nabelschnurgewebe (Art. 1 Abs. 2, TpV). Dies hat zur Folge, dass der Umgang mit Nabelschnurgewebe vollumfänglich den Regeln der guten Herstellungspraxis (GMP), sowie den Regeln der guten Vertriebspraxis (GDP) unterliegt.
Voraussetzung für die Erteilung einer Herstellungsbewilligung ist, dass die Herstellung von Transplantatprodukten, analog Arzneimitteln nach den GMP-Regeln erfolgt (Art. 4 Abs. 2).
Es ist davon auszugehen, dass aus dem Nabelschnurgewebe gewonnene mesenchymale Stammzellen oder daraus hergestellte Produkte parenteral verabreicht werden (Injektion, Infusion, Transplantation). Dies setzt voraus, dass die Verarbeitung des Nabelschnurgewebes nach den GMP-Regeln für die aseptische Herstellung erfolgt und bedeutet, dass die entsprechenden GMP-Leitlinien für die Verarbeitung von Nabelschnurgewebe anzuwenden sind (PIC/S Guide to Good Manufacturing Practice for Medicinal Products (PE 009), Annex 1 und 2A; EudraLex, Volume 4, Good Manufacturing Practice guidelines, Part IV).
Die aseptische Verarbeitung von Nabelschnurgewebe oder den daraus herzustellenden Produkten erfolgt demnach in einem Isolator der Reinraumklasse A in einer D-Umgebung (geschlossener Isolator), einer C-Umgebung (offener Isolator) oder, sofern kein Isolator zum Einsatz kommt, innerhalb einer Reinraumklasse A in einer Klasse B Umgebung.
Wer eine Bewilligung für die Einfuhr von Transplantatprodukten beantragt, muss nachweisen, dass die Herstellerin der einzuführenden Transplantatprodukte über eine Herstellungsbewilligung eines Landes verfügt, dessen GMP-Kontrollsystem von der Swissmedic als gleichwertig erachtet wird, oder dass die Transplantatprodukte nach den für die Schweiz geltenden GMP-Regeln hergestellt werden. (Art, 11 Abs, 1, Bst. i, AMBV).
Eine Schweizer Firma, die eine Betriebsbewilligung für die Einfuhr von Nabelschnurgewebe in die Schweiz beantragt oder besitzt, muss somit nachweisen, dass der Hersteller im Ausland das Nabelschnurgewebe nach den in der Schweiz geltenden GMP-Regeln für die aseptische Herstellung verarbeitet.
Zudem muss die gute Vertriebspraxis (GDP) für den Vertrieb und die Lagerung eingehalten werden.