Swissmedic nimmt Stellung zur Kritik der Krankenkasse CSS

01.09.2015

Die Arzneimittelinformationen des Präparats Yasmin seien „unvollständig, irreführend und teilweise falsch“ und Swissmedic informiere Patientinnen und Patienten über die Risiken und Nebenwirkungen von Medikamenten völlig ungenügend, behauptet eine Anfang September 2015 publizierte Analyse des CSS-Instituts für empirische Gesundheitsökonomie in Luzern. Swissmedic weist die schweren Vorwürfe entschieden zurück: Die Argumentation basiert auf der unkorrekten Interpretation von Zahlen und missachtet die zeitabhängige Entwicklung der Datenlage.

Die anlässlich eines CSS-Mediengesprächs am 31. August 2015 vorgestellte Analyse «Naive Haftpflichtklage oder tragischer Regulierungsfehler im Fall Céline contra Yasmin?» beschäftigt sich mit den Auswirkungen einer schwerwiegenden Nebenwirkung des hormonellen Verhütungsmittels Yasmin. Die damals 16-jährige Céline hatte Anfang 2008 nach Anwendung dieses Verhütungsmittels eine schwere Lungenembolie erlitten und ist aufgrund der Folgen dieser Embolie schwer behindert und auf fremde Hilfe angewiesen. Swissmedic bedauert das Schicksal der jungen Frau ausserordentlich.

Der Autor der Analyse, Prof. Dr. Konstantin Beck, erhebt in seinem Bericht auch schwere Vorwürfe gegen Swissmedic als für die Überwachung von Arzneimitteln zuständige Behörde. Er behauptet, die Patienteninformation und die Fachinformation von Yasmin seien unvollständig, irreführend und teilweise falsch. Dies vor allem betreffend die Angaben zum Thromboembolierisiko.

Swissmedic erachetet die Vorwürfe als haltlos und sieht daher auch den daraus abgeleiteten Handlungsbedarf als gegenstandslos an. Nach Einschätzung von Swissmedic beruhen die Aussagen von Professor Beck auf grundlegend falschen Annahmen und unkorrekten Zahlen.

Insbesondere

  • wird der aktuelle Kenntnisstand mit jenem vom März 2008, als Céline die Lungenembolie erlitt, vermischt. Der Artikel stützt sich auf die unzutreffende Annahme, dass im März 2008 bereits bekannt war, dass Yasmin das Thromboembolierisiko stärker erhöht als die alten Präparate der zweiten Generation
  • basiert die Argumentation, wonach die Summe der Information (Fach- und Patienteninformation) unvollständig, unkorrekt und widersprüchlich sei, weitgehend auf einer falschen Wiedergabe der in der Fach- und Patienteninformation aufgeführten Zahlen sowie der damals verfügbaren Studien
  • resultieren aus diesen Zahlen entsprechend fragwürdige Hochrechnungen zu relativem und absolutem Risiko.

Auch das Bundesgericht hat im Urteil zur Schadenersatzklage der Familie von Céline gegen den Hersteller Bayer festgehalten, dass die Arzneimittelinformation (d.h. die Patienten- und Fachinformation) alle relevanten Angaben enthalten habe. Bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sei es notwendig, das Fachwissen der Ärztin oder des Arztes einzubeziehen, da die Anwenderin allein die Risiken nicht einschätzen können.

Hintergrund
Es ist eine der Kernaufgaben von Swissmedic sicherzustellen, dass die Information zu Arzneimitteln auf dem aktuellsten Stand ist. Swissmedic erfasst und beurteilt dazu Meldungen zu Nebenwirkungen aus der Schweiz, beobachtet internationale Entwicklungen und arbeitet mit Partnerbehörden zusammen.

Zu den hormonellen Kontrazeptiva, zu denen auch Yasmin gehört, hat Swissmedic wiederholt und zum Teil als erste Behörde über neue Erkenntnisse informiert und die Arzneimittelinformation (Patienten- und Fachinformation) dem aktuellen Kenntnisstand angepasst. Die entsprechenden Informationen wurden regelmässig publiziert. Swissmedic hat dafür eng mit der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) zusammengearbeitet.

Neu auftretende Nebenwirkungen verändern das Risikoprofil eines Arzneimittels. Nicht jede neue Nebenwirkung führt aber dazu, dass ein Arzneimittel vom Markt genommen werden muss. Dies geschieht erst, wenn die Gesamtbeurteilung des Nutzens und der Risiken negativ ausfällt.


Informationen für Patientinnen


Alle hormonellen Kontrazeptiva müssen von einer Ärztin oder einem Arzt verschrieben werden. Es ist wichtig, dass eine Frau, die sich für diese Arzneimittel zur Verhütung entscheidet, über die möglichen Risiken informiert wird. Die Ärztin oder der Arzt sollen in die Entscheidung alle Risikofaktoren (z.B. Thrombosen in der Familie, Übergewicht, Zigarettenkonsum, Alter u.a.m.) einbeziehen.

Thrombosen und Thromboembolien sind schwere, seltene aber bekannte Nebenwirkungen von kombinierten hormonalen Kontrazeptiva. Frauen, die solche Arzneimittel einnehmen und Anzeichen wie ungewöhnliche Atemnot oder eine neu auftretende Beinschwellung spüren, sollten sich umgehend mit einer Ärztin oder einem Arzt in Verbindung setzen. Sie sollten das medizinische Fachpersonal immer informieren, dass sie ein hormonales Verhütungsmittel anwenden.


Kontakt

Swissmedic, Schweizerisches Heilmittelinstitut
Peter Balzli, Mediensprecher
+41 58 462 02 76
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