3. Informationen zu Sonderbewilligungen und verwandten Themen
Die im Zusammenhang mit dem Einsatz von in der Schweiz nicht zugelassenen oder nicht verfügbaren Arzneimitteln häufig gestellten Fragen haben wir mit entsprechenden Angaben in Form von Schlagworten im Folgenden zusammengestellt.
Längere Lieferengpässe / Lieferunterbruch
Steht ein therapeutisch wichtiges, in der Schweiz zugelassenes Arzneimittel auf Grund einer Stock-out-Situation für einen befristeten Zeitraum (weniger als 1 Jahr; längere Unterbrüche sind meldepflichtig, siehe Merkblatt „stock-out") nicht zur Verfügung, kann einerseits die Zulassungsinhaberin gestützt auf Art. 1 Abs. 2 Bst. c ein Gesuch um befristetes Inverkehrbringen eines ausländischen Arzneimittels stellen. Das Gesuch um befristetes Inverkehrbringen kann seitens Swissmedic genehmigt werden, wenn sich das ausländische Arzneimittel vom Stock-Out-Arzneimittel bezüglich Zusammensetzung und Qualität nicht wesentlich unterscheidet, von keinem erhöhten Risiko bezüglich Arzneimittelsicherheit ausgegangen werden muss und für dieses Arzneimittel in der Schweiz kein gleichwertiges Alternativpräparat (z.B. Generikum, Co-Marketing Arzneimittel) zur Verfügung steht. Das Formular zur Einreichung eines entsprechenden Gesuches sowie die Erläuterungen dazu finden Sie unter Marktüberwachung, Out-of-Stock https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/humanarzneimittel/marktueberwachung/out-of-stock.html
Bewilligungsfreie Einfuhr von in der Schweiz nicht zugelassenen Humanarzneimitteln durch eine Medizinalperson
Eine Medizinalperson mit Detailhandelsbewilligung (siehe Einleitung) kann in der Schweiz nicht zugelassene Humanarzneimittel aus dem Ausland beziehen. Art. 49 Abs. 1 bis 6 AMBV hält die dafür nötigen Voraussetzungen fest:
Eine Medizinalperson, die über eine kantonale Abgabebewilligung verfügt, darf ein verwendungsfertiges Humanarzneimittel, das in der Schweiz nicht zugelassen ist, in kleinen Mengen einführen, sofern:
a das Arzneimittel für eine bestimmte Patientin oder einen bestimmten Patienten oder für Notfälle bestimmt ist;
b das Arzneimittel von einem Land mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle zugelassen ist; und
c für das betreffende Arzneimittel:
- in der Schweiz kein alternativ einsetzbares Arzneimittel zugelassen ist,
- ein alternativ einsetzbares Arzneimittel in der Schweiz zugelassen, aber auf dem schweizerischen Markt nicht erhältlich ist, oder
- eine Umstellung der Medikation auf ein in der Schweiz zugelassenes und verfügbares Arzneimittel nicht angemessen ist.
Behandelnde Ärztinnen oder Ärzte mit einer kantonalen Berufsausübungsbewilligung können verwendungsfertige Humanarzneimittel, die in der Schweiz nicht zugelassen sind, in kleinen Mengen einführen, wenn:
a sie eine Risikoanalyse zur Bestätigung der Zweckmässigkeit der Anwendung durchgeführt und deren Schlüsse vor der Einfuhr den zuständigen kantonalen Behörden gemeldet haben; und
b das Arzneimittel:
- die Anforderungen nach Absatz 1 Buchstaben a und c erfüllt, sowie
- von einem Land mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle zur Anwendung in einem klinischen Versuch bewilligt ist.
- Apothekerinnen oder Apotheker, die in einer Spitalapotheke die pharmazeutische Verantwortung innehaben, dürfen verwendungsfertige Humanarzneimittel für die Versorgung der eigenen Kundschaft in kleinen Mengen einführen, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 Buchstaben b und c oder die Voraussetzungen nach Absatz 1 Buchstabe c und Absatz 2 Buchstabe a und b erfüllt sind.
- Fachpersonen gemäss Artikel 25 Absatz 1 Buchstaben b und c HMG, die über eine kantonale Berufsausübungsbewilligung verfügen, dürfen im Rahmen ihrer Abgabeberechtigung nicht verschreibungspflichtige verwendungsfertige Humanarzneimittel, die in der Schweiz nicht zugelassen sind, in kleinen Mengen einführen, sofern die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt sind.
- Vor der Einfuhr hat die einführende Person im Einzelfall zu prüfen, ob die nötigen Voraussetzungen nach den Absätzen 1-4 erfüllt sind, und sicherzustellen, dass die Arzneimittel im Einklang mit den GDP-Regeln nach Anhang 4 transportiert werden.
- Sie führt über die Prüfung nach Absatz 5 und über den Zeitpunkt der Prüfung und der Einfuhr, die Art, Anzahl und den Verwendungszweck der eingeführten Humanarzneimittel Buch.
Bewilligungsfreie Einfuhr von in der Schweiz nicht zugelassenen Humanarzneimitteln für den Eigengebrauch
Einzelpersonen dürfen für den Eigengebrauch, d.h. ein Monatsbedarf bzw. die kleinste einen Monatsbedarf übersteigende Packung, in der Schweiz nicht zugelassene Arzneimittel gemäss Art. 48 AMBV ohne Bewilligung einführen. Dieser lautet:
Eine Einzelperson darf verwendungsfertige Arzneimittel, die in der Schweiz nicht zugelassen sind, in der für den Eigengebrauch erforderlichen kleinen Menge einführen. Davon ausgenommen sind:
a. Arzneimittel, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten,
b. Arzneimittel, die zur Anwendung an Nutztieren bestimmt sind;
c. Impfstoffe, Toxine und Seren für den tierärztlichen Gebrauch;
d. Transplantatprodukte im Sinne der Transplantationsverordnung vom 16. März 2007[1], die gentechnisch verändert worden sind.
Vor Bestellungen aus unbekannter Quelle, insbesondere über Internet wird dringend abgeraten. Wer für den Eigenbedarf eingeführte Arzneimittel weitervermittelt, macht sich strafbar.
Bewilligungsfreie Einfuhr von in der Schweiz nicht zugelassenen Tierarzneimitteln durch eine Medizinalperson
Eine Medizinalperson mit Detailhandelsbewilligung (siehe Einleitung) kann in der Schweiz nicht zugelassene Tierarzneimittel aus dem Ausland beziehen. Art. 7 Abs. 2 TAMV hält die dafür nötigen Voraussetzungen fest:
Für die Behandlung eines bestimmten Heimtiers oder einer bestimmten Heimtiergruppe darf eine Medizinalperson, die über eine Detailhandelsbewilligung des zuständigen Kantons verfügt, ohne Bewilligung Arzneimittel in kleinen Mengen einführen, die in einem Land mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle zugelassen sind, sofern in der Schweiz kein alternativ einsetzbares Arzneimittel zugelassen ist. Die einführende Medizinalperson führt darüber Buch.
Sind die Voraussetzungen nicht erfüllt, so kann eine Sonderbewilligung beantragt werden. Informationen zum korrekten Vorgehen, wenn eine Sonderbewilligung erforderlich ist, finden sich in der Wegleitung (siehe oben). Ausschliesslich Medizinalpersonen können gestützt auf Art. 7 TAMV Arzneimittel einführen, andere, sei es die Zulassungsinhaberin oder andere Vertreiber, sind zur Einfuhr von Arzneimitteln gestützt auf Artikel 7 TAMV nicht berechtigt.
Befristete Bewilligung zur Anwendung von Arzneimitteln gemäss Artikel 9b Absatz 1 HMG („Compassionate Use")
Patienten die mit einem Produkt behandelt werden sollen, welches bisher in der Schweiz in klinischen Studien erfolgreich getestet wurde und noch keine Zulassung hat, können ausserhalb eines klinischen Versuchs behandelt werden. Dazu muss der Sponsor der klinischen Studie eine befristete Bewilligung zur Anwendung von Arzneimitteln gemäss Artikel 9b Absatz 1 HMG beantragen. Diese Bewilligung unterliegt mehreren Voraussetzungen, die im Kapitel 5 der revidierten AMBV beschrieben sind. Die Bewilligung wird von Swissmedic erteilt und erlaubt dem Sponsor, dieses Arzneimittel zur Anwendung in der Schweiz zur Verfügung zu stellen. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzten müssen hierfür kein Gesuch bei Swissmedic einreichen.
https://www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/humanarzneimittel/clinical-trials/befristete_bewilligungzuranwendungvonarzneimitteln.html
[1] SR 810.211