Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung zur Erstlinienbehandlung von Erwachsenen mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) mit EGFR-Exon-19-Deletion- oder Exon-21-L858R-Substitutionsmutationen
Kurzbericht Arzneimittelzulassung vom 01.07.2025
Rybrevant® (Wirkstoff: Amivantamab)
Indikationserweiterung in der Schweiz: 07.02.2025
Über das Arzneimittel
Rybrevant ist ein Krebsmedikament mit dem Wirkstoff Amivantamab.
Rybrevant wurde erstmals am 20.01.2022 von Swissmedic befristet zugelassen. Rybrevant wurde damals als Monotherapie (Therapie mit einem einzigen Arzneimittel) zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) mit aktivierenden Exon-20-Genveränderungen zugelassen, deren Krebs während oder nach einer platinhaltigen Chemotherapie fortgeschritten ist (d.h. als sogenannte Zweitlinienbehandlung). Zwischenzeitlich wurden die entsprechenden Zulassungsauflagen erfüllt und die Befristung aufgehoben.
Mit der vorliegenden Indikationserweiterung ist Rybrevant in Kombination mit Lazertinib als Erstlinienbehandlung bei Erwachsenen mit NSCLC mit EGFR-Exon-19-Deletion- oder Exon-21-L858R-Substitutionsmutationen einsetzbar.
Rybrevant ist zur Behandlung von Patientinnen und Patienten geeignet, bei denen vor Behandlungsbeginn eine spezielle Veränderung (Mutation) im Gen des Rezeptors[1] für den epidermalen Wachstumsfaktor (EGFR) nachgewiesen werden kann. Diese Genveränderungen werden als Exon 20 Insertionsmutation, als Exon-19-Deletion- oder Exon-21-L858R-Substitutionsmutationen des Gens für EGFR bezeichnet.
Die vorliegende Indikationserweiterung von Rybrevant wurde im Rahmen des «Project Orbis» zugelassen. Project Orbis ist ein von der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA koordiniertes Programm für vielversprechende Krebsbehandlungen. Es bietet einen Rahmen für die gleichzeitige Einreichung und Prüfung von Krebsmedikamenten durch mehrere internationale Partnerbehörden verschiedener Länder. Damit wird das Ziel verfolgt, Patientinnen und Patienten einen schnelleren Zugang zu innovativen Krebsbehandlungen zu ermöglichen. Zurzeit sind nebst der FDA die Zulassungsbehörden von Australien (TGA), Brasilien (ANVISA), Israel (MOH), Kanada (HC), Singapur (HSA), Schweiz (Swissmedic) und dem Vereinigten Königreich (MHRA) im Project Orbis vertreten.
[1] Ein Rezeptor ist ein Protein oder ein Proteinkomplex auf der Oberfläche oder im Inneren von Zellen. Wenn eine spezifische Substanz an einen Rezeptor bindet, wird eine Reaktion in der Zelle ausgelöst.
Wirkung
Der Wirkstoff von Rybrevant ist Amivantamab. Es handelt sich dabei um einen Antikörper, der spezifisch an zwei Rezeptoren (Ziele) auf der Oberfläche von Krebszellen bindet. Diese Rezeptoren, «EGFR» und «MET» genannt, sind oft bei nicht-kleinzelligem Lungenkrebs vorhanden und verändert. Amivantamab blockiert die Signale dieser Rezeptoren und kann so das Wachstum und die Vermehrung der Krebszellen stoppen. Zudem unterstützt der Wirkstoff das Immunsystem dabei, die Krebszellen zu erkennen und zu bekämpfen. Dadurch wird das Wachstum der Tumore verlangsamt oder gestoppt.
Anwendung
Rybrevant ist rezeptpflichtig und als Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung in der Dosisstärke 350 mg/7 ml zugelassen. Es wird intravenös (in die Venen) verabreicht. Rybrevant wird in der neu zugelassenen Indikation in Kombination mit Lazertinib angewendet.
Voraussetzung für die Anwendung von Rybrevant ist der Nachweis der spezifischen EGFR-Exon-19-Deletion- oder Exon-21-L858R-Substitutionsmutationen.
Die empfohlene Dosis für die neue Indikation ist abhängig vom Körpergewicht der Patientin oder des Patienten und beträgt 1’050 mg bis 80 kg resp. 1’400 mg über 80 kg Körpergewicht. In den Wochen 1 bis 5 erhalten die Patientinnen und Patienten wöchentlich eine Dosis. In Woche 6 erhalten sie kein Rybrevant und ab Woche 7 erhalten sie Rybrevant einmal alle zwei Wochen.
Die Verabreichung von Rybrevant erfolgt durch eine medizinische Fachperson.
Wirksamkeit
Die Wirksamkeit von Rybrevant zur vorliegenden Indikationserweiterung wurde in der Studie «MARIPOSA» untersucht.
Die Studie verglich die Kombination von Rybrevant mit Lazertinib im Vergleich zu einer Osimertinib-Monotherapie als Erstlinienbehandlung.
Insgesamt nahmen 858 Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) mit EGFR-Exon-19-Deletion- oder Exon-21-L858R-Substitutionsmutationen teil.
In dieser Studie zeigte sich eine signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens (PFS)[2] bei den Patientinnen und Patienten welche Rybrevant in Kombination mit Lazertinib erhalten hatten (23,7 Monate) gegenüber der jenen mit Osimertinib-Monotherapie (16,6 Monate).
Zudem konnte eine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens (OS) für Patientinnen und Patienten, welche mit Rybrevant und Lazertinib behandelt wurden im Vergleich zu Patientinnen und Patienten, welche mit Osimertinib alleine behandelt wurden aufgezeigt werden.
Das Gesamtüberleben bezeichnet die Zeitspanne zwischen Therapiebeginn und Tod des Patienten bzw. der Patientin.
[2] PFS: Progressionsfreies Überleben (PFS, progression-free survival): Zeitspanne zwischen dem Start einer Behandlung oder einer klinischen Studie und dem Beginn des Fortschreitens der Krankheit oder dem Tod der Patientin oder des Patienten.
Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken
Rybrevant darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff Amivantamab nicht angewendet werden.
Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen zählen infusionsbedingte Reaktionen, Hautausschlag und Nageltoxizität.
Weitere Nebenwirkungen umfassen Übelkeit, Müdigkeit, verminderter Appetit und venöse thromboembolische Ereignisse (VTE)[3].
Es besteht auch das Risiko für interstitielle Lungenerkrankung (ILD)[4] und Hautreaktionen wie toxische epidermale Nekrolyse (TEN)[5].
Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Fachinformation aufgeführt.
[3] Venöse thromboembolische Ereignisse (VTE) können lebensbedrohlich sein und stehen im Zusammenhang mit Blutgerinnseln, die sich in den Venen bilden und möglicherweise zu Lungenembolie oder tiefen Venenthrombosen führen
[4] Interstitial Lung Disease (ILD) ist eine Gruppe von Lungenerkrankungen, die durch eine Entzündung und Narbenbildung des Lungengewebes gekennzeichnet sind, was zu Atembeschwerden und einer eingeschränkten Sauerstoffaufnahme führen kann.
[5] Toxische epidermale Nekrolyse (TEN) ist eine seltene, aber schwerwiegende Hauterkrankung, bei der grossflächige Blasenbildung und Ablösung der oberen Hautschicht auftreten.
Begründung des Zulassungsentscheids
Derzeit gibt es eine begrenzte Anzahl Behandlungsmöglichkeiten für die Erstlinienbehandlung von Patientinnen und Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem nicht-kleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC) mit EGFR-Exon-19-Deletion- oder Exon-21-L858R-Substitutionsmutationen
Die beschriebene Studie zeigt eine signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens und des Gesamtüberlebens mit der Behandlung von Rybrevant in Kombination mit Lazertinib im Vergleich zu bestehenden Behandlungsoptionen für die Erstlinientherapie von Patienten mit NSCLC und EGFR-Exon-19-Deletion- oder Exon-21-L858R-Substitutionsmutationen wie Osimertinib in Kombination mit Chemotherapie.
Unter Berücksichtigung aller Risiken und Vorsichtsmassnahmen und aufgrund der vorliegenden Daten überwiegen die Vorteile von Rybrevant die Risiken. Swissmedic hat daher die Indikationserweiterung von Rybrevant für die Schweiz für die Erstlinienbehandlung von fortgeschrittenem oder metastasiertem NSCLC mit EGFR-Exon-19-Deletion- oder Exon-21-L858R-Substitutionsmutationen zugelassen.
Weitere Informationen zum Arzneimittel
Information für medizinisches Fachpersonal:
Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.
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Rybrevant® (Wirkstoff: Amivantamab) (PDF, 876 kB, 01.07.2025)Indikationserweiterung (03)
Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Kurzbericht Arzneimittelzulassung ein.
In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirksamkeit oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.