Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung zur Zweitlinienbehandlung von Erwachsenen mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem nicht-kleinzellligem Lungenkrebs (NSCLC) mit EGFR-Exon-19-Deletion- oder Exon-21-L858R-Substitutionsmutationen
Kurzbericht Arzneimittelzulassung vom 22.04.2025
Rybrevant® (Wirkstoff: Amivantamab)
Indikationserweiterung in der Schweiz: 12.11.2024
Über das Arzneimittel
Rybrevant ist ein Krebsmedikament mit dem Wirkstoff Amivantamab.
Rybrevant wurde am 20.01.2022 von Swissmedic bereits zur Behandlung des NSCLC mit aktivierenden Exon-20-Genveränderungen befristet zugelassen. Zwischenzeitlich wurden die entsprechenden Zulassungsauflagen erfüllt und die Befristung aufgehoben.
Mit der vorliegenden Indikationserweiterung werden mit Rybrevant in Kombination mit Carboplatin und Pemetrexed Erwachsene mit nicht-kleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC) behandelt, deren Krebs lokal fortgeschritten ist oder sich auf andere Körperteile ausgebreitet hat (metastasierend) und bei denen der Lungenkrebs nach der Behandlung mit dem Wirkstoff Osimertinib weiter fortgeschritten ist.
Das Arzneimittel Rybrevant in Kombination mit Carboplatin und Pemetrexed ist zur Behandlung von Patientinnen und Patienten geeignet, bei denen eine spezielle Veränderung (Mutation) im Gen des Rezeptors[1] für den epidermalen Wachstumsfaktor (EGFR) nachgewiesen werden kann. Diese Genveränderungen werden als Exon 19 Deletion- oder Exon 21 L858R Substitutionsmutationen des Gens für EGFR bezeichnet.
[1] Ein Rezeptor ist ein Protein oder ein Proteinkomplex auf der Oberfläche oder im Inneren von Zellen. Wenn eine spezifische Substanz an einen Rezeptor bindet, wird eine Reaktion in der Zelle ausgelöst.
Wirkung
Der Wirkstoff von Rybrevant ist Amivantamab. Es handelt sich dabei um einen speziellen Antikörper, der spezifisch an zwei Rezeptoren (Ziele) auf der Oberfläche von Krebszellen bindet. Diese Rezeptoren, „EGFR“ und „MET“ genannt, sind oft bei nicht-kleinzelligem Lungenkrebs verändert. Amivantamab blockiert die Signale dieser Rezeptoren und kann so das Wachstum und die Vermehrung der Krebszellen stoppen. Zudem unterstützt der Wirkstoff das Immunsystem dabei, die Krebszellen zu erkennen und zu bekämpfen. Dadurch wird das Wachstum der Tumore verlangsamt oder gestoppt.
Anwendung
Rybrevant ist rezeptpflichtig und als Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung in der Dosisstärke 350 mg/ 7 ml zugelassen. Es wird intravenös (in die Venen) verabreicht. Rybrevant wird in Kombination mit Carboplatin und Pemetrexed angewendet.
Voraussetzung für die Anwendung von Rybrevant ist der Nachweis der spezifischen EGFR-Exon Deletion- resp. Substitutionsmutation.
Die empfohlene Dosis für die neue Indikation ist abhängig vom Körpergewicht der Patientin oder des Patienten und beträgt 1’400 mg bis 80 kg resp. 1’750 mg über 80 kg Körpergewicht. In den Wochen 1 bis 4 erhalten die Patientinnen und Patienten wöchentlich eine Dosis. Anschliessend wird es alle 3 Wochen verabreicht, wobei die Dosis auf 1’750 mg bis 80 kg resp. 2’100 mg über 80 kg Körpergewicht ab Woche 7 erhöht wird und die Behandlung bis zum Fortschreiten der Krankheit oder unerträglichen Nebenwirkungen fortgesetzt wird.
Die Verabreichung von Rybrevant erfolgt durch eine medizinische Fachperson.
Wirksamkeit
Die Wirksamkeit von Rybrevant zur Indikationserweiterung wurde in der Studie «MARIPOSA-2» untersucht.
Die Studie verglich die Kombination der Wirkstoffe von Rybrevant (Amivantamab), Carboplatin und Pemetrexed (ACP) mit der alleinigen Kombination von Carboplatin und Pemetrexed (CP). Carboplatin und Pemetrexed sind Chemotherapeutika und Standardtherapien für die Behandlung von NSCLC.
Insgesamt nahmen 394 Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) mit EGFR Exon 19-Deletion- oder Exon 21 L858R Substitutionsmutationen teil, deren Erkrankung nach einer vorgängigen Monotherapie mit Osimertinib fortgeschritten war.
In dieser Studie zeigte sich eine signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens (PFS)[2] in der ACP-Gruppe gegenüber der CP-Gruppe. Das mediane[3] PFS betrug 6,3 Monate in der ACP-Gruppe im Vergleich zu 4,2 Monaten in der CP-Gruppe.
Die bisher vorliegenden Daten der noch laufenden Studie zeigten bisher keine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens. Das Gesamtüberleben bezeichnet die Zeitspanne zwischen Therapiebeginn und Tod des Patienten bzw. der Patientin.
[2] PFS: Progressionsfreies Überleben (PFS, progression-free survival): Zeitspanne zwischen dem Start einer Behandlung oder einer klinischen Studie und dem Beginn des Fortschreitens der Krankheit oder dem Tod der Patientin oder des Patienten.
[3] Median: Der Wert, der genau in der Mitte einer Datenverteilung liegt, nennt sich Median oder Zentralwert. Die eine Hälfte aller Daten ist immer kleiner, die andere grösser als der Median.
Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken
Rybrevant darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff Amivantamab nicht angewendet werden.
Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen zählen infusionsbedingte Reaktionen, Hautausschlag und Nageltoxizität.
Weitere Nebenwirkungen umfassen Übelkeit, Müdigkeit, verminderter Appetit und venöse thromboembolische Ereignisse (VTE)[4].
Es besteht auch das Risiko für interstitielle Lungenerkrankung (ILD)[5] und Hautreaktionen wie toxische epidermale Nekrolyse (TEN)[6].
Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Fachinformation aufgeführt.
[4] Venöse thromboembolische Ereignisse (VTE) können lebensbedrohlich sein und stehen im Zusammenhang mit Blutgerinnseln, die sich in den Venen bilden und möglicherweise zu Lungenembolie oder tiefen Venenthrombosen führen
[5] Interstitial Lung Disease (ILD) ist eine Gruppe von Lungenerkrankungen, die durch eine Entzündung und Narbenbildung des Lungengewebes gekennzeichnet sind, was zu Atembeschwerden und einer eingeschränkten Sauerstoffaufnahme führen kann.
[6] Toxische epidermale Nekrolyse (TEN) ist eine seltene, aber schwerwiegende Hauterkrankung, bei der grossflächige Blasenbildung und Ablösung der oberen Hautschicht auftreten.
Begründung des Zulassungsentscheids
Derzeit gibt es eine begrenzte medikamentöse Behandlungsmöglichkeit für Patientinnen und Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem nicht-kleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC) mit EGFR-Exon-19-Deletionen oder Exon-21-L858R-Substitutionsmutationen die nach einer Therapie mit Osimertinib fortschreiten.
Die beschriebene Studie zeigt, dass Rybrevant in Kombination mit Carboplatin und Pemetrexed eine signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens bietet.
Unter Berücksichtigung aller Risiken und Vorsichtsmassnahmen und aufgrund der vorliegenden Daten überwiegen die Vorteile von Rybrevant die Risiken. Swissmedic hat daher die Indikationserweiterung von Rybrevant für die Schweiz für die Behandlung von fortgeschrittenem oder metastasiertem NSCLC mit EGFR Exon 19 Deletion oder Exon 21 L858R Substitution zugelassen.
Weitere Informationen zum Arzneimittel
Information für medizinisches Fachpersonal:
Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.
Druckversion
Rybrevant® (Wirkstoff: Amivantamab) (PDF, 760 kB, 22.04.2025)Indikationserweiterung (01)
Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Kurzbericht Arzneimittelzulassung ein.
In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirksamkeit oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.