Public Summary SwissPAR – Enspryng®

Public Summary SwissPAR vom 11.01.2021

Enspryng® (Wirkstoff: Satralizumab)

Erstzulassung in der Schweiz: 13.07.2020

Arzneimittel (Fertigspritze) zur Behandlung von Neuromyelitis-Optica-Spektrum-Erkrankungen bei Erwachsenen und Jugendlichen, die Aquaporin-4-IgG-seropositiv sind.

Über das Arzneimittel

Das Arzneimittel Enspryng mit dem Wirkstoff Satralizumab ist als Injektionslösung in einer Fertigspritze erhältlich und wurde in der Schweiz am 13. Juli 2020 zugelassen.

Enspryng wird alleine oder zusammen mit einer Behandlung zur Unterdrückung des Immunsystems angewendet.

Es wurde zur Behandlung von Neuromyelitis-Optica-Spektrum-Erkrankungen bei Erwachsenen und Jugendlichen zugelassen, bei denen bestimmte Proteine (sog. Aquaporin-4-IgG-Antikörper) nachweisbar sind.

Neuromyelitis-Optica-Spektrum-Erkrankungen sind seltene Autoimmunerkrankungen, die hauptsächlich eine Entzündung des Rückenmarks und des Sehnervs zur Folge haben. Wiederholte Schübe von Entzündungen des zentralen Nervensystems können eine Reihe verschiedener Symptome verur-sachen wie Erblindung, Gefühllosigkeit, Sehstörungen, Schwäche oder Lähmung der Arme und Beine, Verlust der Kontrolle über die Blasenfunktion, neuropathische Schmerzen und Müdigkeit.

Wirkung

Satralizumab, der Wirkstoff von Enspryng, blockiert Interleukin-6, eine Substanz, die vom Immunsystem des Patienten freigesetzt wird und eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Neuromyelitis-Optica-
Spektrum-Erkrankungen zu spielen scheint. Interleukin-6 wurde bei Patientinnen und Patienten während Entzündungsschüben der Krankheit in erhöhten Konzentrationen festgestellt. Satralizumab blockiert die Aktivität von Interleukin-6 und verlangsamt das Auftreten weiterer Entzündungsschübe.

Anwendung

Enspryng ist rezeptpflichtig. Die erste Dosis muss durch eine qualifizierte medizinische Fachperson verabreicht werden. Mit Zustimmung des behandelnden Arztes können die nachfolgenden Injektionen durch die Patientin oder den Patienten selbst oder eine Betreuungsperson vorgenommen werden. Enspryng kann Patientinnen und Patienten ab 12 Jahren verschrieben werden.

Es wird empfohlen, die Injektion einer Enspryng-Dosis von 1 ml abwechselnd unter die Haut der Bauchdecke und den Oberschenkel vorzunehmen. Eine Injektion enthält 120 mg Satralizumab und die ersten 3 Injektionen sollten im Abstand von je 2 Wochen verabreicht werden. Danach ist ein Behandlungsintervall von 4 Wochen vorzusehen. Das Arzneimittel ist für die Langzeitbehandlung vorgesehen.

Wirksamkeit

Die Wirksamkeit von Enspryng mit dem Wirkstoff Satralizumab wurde in zwei Studien mit 178 Patientinnen und Patienten untersucht. Alle Studienteilnehmenden erfüll-ten die Kriterien für die Diagnose einer Neuromyelitis-Optica-Spektrum-Erkrankung.

An einer Studie nahmen 83 Patientinnen und Patienten im Alter von 12 bis 74 Jahren teil. 55 Studienteilnehmende waren Aquaporin-4-IgG-seropositiv. 41 Patientinnen/Patienten erhielten in dieser Studie Satralizumab und 42 Patientinnen/Patienten ein Scheinmedikament. Beide Gruppen erhielten zusätzlich eine Immunsuppressionstherapie wie orale Kortikosteroide, Azathioprin oder Mycophenolatmofetil.

Die andere Studie umfasste 95 erwachsene Patientinnen bzw. Patienten, von denen 64 Aquaporin-4-IgG-seropositiv waren. Insgesamt 63 Patientinnen/Patienten erhielten Satralizumab ohne zusätzliche Behandlung und 32 Patientinnen/Patienten ein Scheinmedikament, ebenfalls ohne weitere Medikation.

Die Behandlung mit dem Wirkstoff Satralizumab als Monotherapie oder in Kombination mit einer Immunsuppressionstherapie reduzierte die Wahrscheinlichkeit einer wiederkehrenden Entzündung des Sehnervs oder des Rückenmarks im Vergleich zu Patientinnen und Patienten, die ein Scheinmedikament erhielten.

Die kombinierten Daten aus beiden Studien zeigten, dass das Risiko einer wiederkehrenden Entzündung bei Patientinnen und Patienten mit Satralizumab gegenüber der Gruppe die ein Scheinmedikament erhielt, um 58 % reduziert war. Wenn nur die Patientinnen/Patienten berücksichtigt werden, bei denen Aquaporin-4-IgG-Antikörper nachweisbar waren, sank das Rückfallrisiko um 75%.

Analysen von längerfristigen Daten über einen Zeitraum von 120 Wochen zeigten vergleichbare Ergebnisse.

Kein Nutzen wurde bei Patientinnen und Patienten festgestellt, die nicht Aquaporin-4-IgG-seropositiv waren. Gegenwärtig läuft eine längerfristige Studie mit Enspryng, deren Schlussergebnisse für 2023 erwartet werden.

Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken

Enspryng darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff Satralizumab oder einem anderen Stoff in der Injektion nicht angewendet werden.

Bei den meisten Patientinnen und Patienten wurden unerwünschte Wirkungen festgestellt. Dazu gehörten Kopfschmerzen (19,2%), Schwellung des Rachens und der Nasengänge (18,3%), Gelenkschmerzen (13,5%), Müdigkeit (8,7%), Hautausschlag (8,7%), Depression (6,7%), stark juckende Haut (5,8%), Gefühllosigkeit in Teilen des Körpers (5,8%), reduzierte Zahl infektionsbekämpfender weisser Blutkörperchen (5,8%) und injektionsbedingte Reaktionen (12,5%) wie Kopfschmerzen oder Durchfall.

Es konnten nur begrenzt Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit bei Kindern ab 12 Jahren gesammelt werden. Nur 4 Patientinnen bzw. Patienten in dieser Altersgruppe wurden in einer Studie mit Satralizumab behandelt. Die Sicherheit und Wirksamkeit bei Kindern unter 12 Jahren wurde nicht untersucht.

Bekannte Vorsichtsmassnahmen, Risiken und andere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Information für medizinisches Fachpersonal aufgeführt.

Begründung des Zulassungsentscheids

Neuromyelitis-Optica-Spektrum-Erkrankungen sind seltene entzündliche Autoimmunerkrankungen des zentralen Nervensystems, die Schädigungen von Zellen des Rückenmarks und des Sehnervs verursachen. Diese Erkrankungen können schwere Behinderungen wie Blindheit und Lähmungen innerhalb von fünf Jahren nach den ersten Symptomen zur Folge haben. Es wird geschätzt, dass diese Erkrankungen bei fast einem Drittel der Patientinnen und Patienten mit wiederkehrenden Entzündungen (Rückfällen) innerhalb von 5 Jahren nach Krankheitsbeginn tödlich enden.

Die Entzündung kann sich zum Hirnstamm ausbreiten und Übelkeit, Schluckauf oder Ateminsuffizienz verursachen. Ateminsuffizienz ist eine Beeinträchtigung der Lungenfunktion, bei der die Sauerstoffmenge im Blut reduziert ist, und die häufigste Todesursache bei diesen Patientinnen und Patienten.

Die bisher verfügbaren Studien zeigen, dass Patientinnen und Patienten mit Neuromyelitis-Optica-Spektrum-Erkrankungen, bei denen Aquaporin-4-IgG-Antikörper nachweisbar waren, von der Behandlung mit Enspryng profitierten.

Bei Teilnehmenden, die nicht Aquaporin-4-IgG-seropositiv waren, wurde kein Nutzen festgestellt.

Bei positiv getesteten Patientinnen bzw. Patienten reduzierte die Behandlung das Risiko einer zurückkehrenden Entzündung des zentralen Nervensystems um bis zu 75%. Enspryng hatte unerwünschte Wirkungen wie Kopfschmerzen und Infektionen zur Folge. Diese Wirkungen traten jedoch auch bei der Gruppe auf, die ein Scheinmedikament erhielten und konnten unter Kontrolle gebracht werden.

Unter Berücksichtigung aller Vorsichtsmassnahmen und aufgrund der vorliegenden Daten überwiegen die Nutzen von Enspryng die Risiken. Swissmedic hat daher das Arzneimittel Enspryng mit dem Wirkstoff Satralizumab für die Schweiz zugelassen.

Weitere Informationen zum Arzneimittel

Information für medizinisches Fachpersonal:

Weitere Fragen beantwortet das medizinische Fachpersonal (Arzt/Ärztin, Apotheker/Apothekerin und andere).

 

Der Stand dieser Information entspricht dem oben erwähnten Datum. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Public Summary SwissPAR ein.

In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirkung oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.