Kurzbericht Zulassung – Abecma®

Kurzbericht Arzneimittelzulassung vom 21.03.2025

Abecma® (Wirkstoff: Idecabtagen Vicleucel)

Indikationserweiterung in der Schweiz: 09.02.2024

Infusionsdispersion zur Behandlung des rezidivierenden und refraktären multiplen Myeloms bei Erwachsenen, die zuvor schon mindestens 2 Therapien erhalten haben

Über das Arzneimittel

Abecma enthält den Wirkstoff Idecabtagen Vicleucel.

Abecma wurde am 20.08.2021 erstmals zugelassen zur Behandlung des fortgeschrittenen multiplen Myeloms («Knochenmarkkrebs») bei Erwachsenen, deren multiples Myelom (MM) nicht auf 3 vorangehende Therapien angesprochen hat (refraktär) und deren Erkrankung nach der letzten Behandlung weiter fortgeschritten ist (rezidivierend).

Mit der Indikationserweiterung kann Abecma bereits zur Behandlung des rezidivierten und refraktären multiplen Myeloms bei Erwachsenen angewendet werden, deren MM nicht auf 2 vorangehende Therapien angesprochen hat, einschliesslich eines immunmodulatorischen Wirkstoffes, eines Proteasom-Inhibitors und eines Anti-CD-38-Antikörpers und die ein Fortschreiten der Krankheit während oder innerhalb von 60 Tagen nach der letzten Therapie gezeigt haben.

Das MM ist eine seltene Krebsart, welche etwa 1-2 Prozent aller Krebserkrankungen ausmacht. Die Häufigkeit der Neuerkrankungen mit MM nimmt mit dem Alter zu. Zwei Drittel der neuerkrankten Personen sind über 65 Jahre alt. Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch eine übermässige Vermehrung der Plasmazellen. Plasmazellen sind eine Unterart der weissen Blutkörperchen, welche im körpereigenen Abwehrsystem (Immunsystem) für die Produktion von Antikörpern verantwortlich sind. Im Rahmen des MM vermehren sich Plasmazellen unkontrolliert im Knochenmark und manchmal auch in anderen Organen. Dies verhindert die normale Bildung von Blutzellen und kann Knochen und andere Organe zerstören bzw. in ihrer Funktion beeinträchtigen.

Da es sich beim multiplen Myelom um eine seltene und lebensbedrohende Krankheit handelt, wurde die Indikationserweiterung von Abecma als «Orphan Drug» zugelassen. Mit «Orphan Drug» werden wichtige Arzneimittel für seltene Krankheiten bezeichnet.

Wirkung

Der Wirkstoff in Abecma, Idecabtagen Vicleucel, ist eine Immuntherapie mit gentechnisch veränderten autologen[1] T-Zellen (T-Lymphozyten, gehören zu den weissen Blutkörperchen). Diese Therapie nutzt die eigenen T-Zellen der Patientinnen und Patienten, die so verändert wurden, dass sie das sogenannte B-Zell-Reifungsantigen (BCMA) auf der Oberfläche von Myelomzellen erkennen und bekämpfen können. Wenn die veränderten T-Zellen wieder in den Körper zurückgeführt werden, binden sie an die Krebszellen, aktivieren und vermehren sich, und helfen so dabei, diese zu zerstören.

[1] Autolog: Zu demselben Individuum gehörig, d.h. hier patienteneigene T-Zellen.

Anwendung

Abecma ist rezeptpflichtig.

Abecma wird als Infusion intravenös (in die Venen) verabreicht, die in einem oder mehreren Infusionsbeuteln geliefert und jeweils 260 bis 500 x 10^6 CAR-positive lebensfähige patientenspezifische T-Zellen enthält. Die empfohlene Behandlung besteht in einer einzigen Infusion von Abecma, die in einem qualifizierten Behandlungszentrum unter Aufsicht und Leitung eines Arztes oder einer Ärztin verabreicht wird.

Wirksamkeit

Die Wirksamkeit von Abecma zur Indikationserweiterung wurde in der laufenden Studie BB2121-MM-003 untersucht, bei der 254 Patientinnen und Patienten mit rezidiviertem und refraktärem Multiplem Myelom behandelt wurden. Die Teilnehmenden hatten vorher mindestens zwei bis vier Therapielinien, einschliesslich eines Proteasom-Inhibitors, eines Immunmodulators und eines Anti-CD38-Antikörpers erhalten. Zudem mussten sie gegenüber der zuletzt durchgeführten Therapie refraktär gewesen sein. Die Patientinnen und Patienten wurden in der Studie entweder mit Abecma oder einer Standardtherapie behandelt.

Der primäre Endpunkt der Studie war das progressionsfreie Überleben (PFS), bewertet durch ein unabhängiges Prüfungskomitee. Einer der wichtigsten sekundären Endpunkte waren die Gesamtansprechrate (ORR[2]).

Im Vergleich zur Standardtherapie (4,4 Monate) verlängerte Abecma das mediane[3] Progressionsfreie Überleben auf 13,3 Monate. Dieses Ergebnis war unabhängig davon, ob die Patientinnen und Patienten zuvor 2, 3 oder 4 Therapielinien erhalten hatten. Die Gesamtansprechrate war mit 71,3 % bei den Patientinnen und Patienten, die mit Abecma behandelt wurden deutlich höher als die 41,7% bei den Standardtherapien.

[2] ORR (objective response rate) ist definiert als prozentualer Anteil von Patientinnen und Patienten mit Ansprechen auf die Therapie.

[3] Median: Der Wert, der genau in der Mitte einer Datenverteilung liegt, nennt sich Median oder Zentralwert. Die eine Hälfte aller Daten ist immer kleiner, die andere grösser als der Median.

Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken

Abecma darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe nicht angewendet werden.

Die häufigsten unerwünschten Wirkungen waren Neutropenie (verminderte Anzahl an bestimmten Gruppen von weissen Blutkörperchen, die neutrophilen Granulozyten) (80 %), Anämie (Mangel an roten Blutkörperchen) (64 %), Thrombozytopenie (niedrige Anzahl an Blutplättchen) (55 %), Infektionen (44 %), Hypophosphatämie (niedriger Phosphatspiegel im Blut) (33 %), Durchfall (33 %), Leukopenie (Allgemeine Verminderung der weissen Blutkörperchen) (32 %), Hypokaliämie (niedriger Kaliumspiegel im Blut) (32 %), Müdigkeit (30 %), Übelkeit (28 %) und Kopfschmerzen (23 %).

Es besteht auch ein Risiko für ein Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS)[4], das bei 85 % der Patientinnen und Patienten auftritt.

Schwerwiegende neurologische Nebenwirkungen wie Verwirrtheit, Kopfschmerzen, Schläfrigkeit und Tremor (Bewegungsstörung) wurden ebenfalls berichtet.

Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Patientinnen- und Patienteninformation (Packungsbeilage) sowie in der Fachinformation aufgeführt.

[4] Zytokinfreisetzungssyndrom: Das Zytokinfreisetzungssyndrom ist eine systemische Entzündungsreaktion aufgrund massiver Ausschüttung von Zytokinen (Eiweisse), die die weissen Blutkörperchen aktivieren.

Begründung des Zulassungsentscheids

Die zusätzlich eingereichten Studiendaten erbringen den Nachweis, dass die Nutzen-Risiko-Bewertung von Abecma positiv ist für die Behandlung Erwachsener mit erneut aufgetretenem multiplem Myelom, die zuvor mindestens zwei Therapielinien, einschliesslich eines Proteasom-Inhibitors, eines immunmodulatorischen Wirkstoffs und eines anti-CD38-Antikörpers, erhalten haben und gegen ihre vorherige Behandlung resistent waren.

Abecma ermöglicht für diese Patientengruppe eine weitere Behandlung, indem es eine gezielte Immuntherapie bietet, die malignen Zellen durch genetisch modifizierte autologe T-Zellen eliminiert.

Die durchgeführte Studie zeigte eine rasche und signifikante Ansprechrate und anhaltende Wirksamkeit, wobei die Mehrheit der Patientinnen und Patienten kein Fortschreiten der Krankheit über längere Zeiträume aufwies.

Auch wenn das Arzneimittel potenziell schwerwiegende Nebenwirkungen haben kann, sind diese durch eine engmaschige Überwachung und rechtzeitige Intervention im Allgemeinen kontrollierbar. Insgesamt überwiegen die positiven Wirkungen von Abecma auf die Gesundheit und Lebensqualität der Patientinnen und Patienten die bekannten Risiken.

Auf Grund dieser Erkenntnisse hat Swissmedic auch die Indikationserweiterung für das Arzneimittel Abecma, das den Wirkstoff Idecabtagen Vicleucel enthält, für die Schweiz zugelassen.

Weitere Informationen zum Arzneimittel

Information für medizinisches Fachpersonal:

Information für Patientinnen und Patienten (Packungsbeilage):

Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.

 

Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Kurzbericht Arzneimittelzulassung ein.

In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirksamkeit oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.