Public Summary SwissPAR – Ultomiris®

Public Summary SwissPAR vom 09.02.2024

Ultomiris® (Wirkstoff: Ravulizumabum)

Indikationserweiterung in der Schweiz: 29.08.2023

Arzneimittel (Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung) zur Behandlung von Erwachsenen mit NMOSD, die AQP4-Antikörper aufweisen

Über das Arzneimittel

Das Arzneimittel Ultomiris mit dem Wirkstoff Ravulizumab wird eingesetzt zur Behandlung von Erwachsenen mit Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD), die Antikörper gegen das Protein AQP4 (Aquaporin-4) haben.

NMOSD sind seltene Autoimmunkrankheiten des zentralen Nervensystems, die hauptsächlich die Sehnerven und das Rückenmark betreffen. Die Prävention von Krankheitsschüben ist ein wichtiges Ziel der Behandlung von NMOSD. In Europa sind die Erkrankungsraten sehr niedrig. In der Schweiz gibt es zurzeit zwei zugelassene Langzeit-Behandlungsmöglichkeiten (Enspryng® und Soliris®).

Ultomiris wurde am 20. Januar 2020 von Swissmedic für die Behandlung von Erwachsenen mit paroxysmaler nächtlicher Hämoglobinurie (PNH) zugelassen. Zudem wurde am 24. August 2021 eine Indikationserweiterung zu Ultomiris zugelassen zur Behandlung von Erwachsenen und Kindern ab 10 kg Körpergewicht mit atypischem hämolytisch-urämischem Syndrom (aHUS). Am 14. Juli 2022 wurde eine weitere Indikationserweiterung von Ultomiris zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen ab 10 kg Körpergewicht mit paroxysmaler nächtlicher Hämoglobinurie (PNH) von Swissmedic zur Anwendung in der Schweiz zugelassen.

Da es sich bei NMOSD um eine sehr seltene und lebensbedrohende Krankheit handelt, wurde auch die aktuelle Indikationserweiterung von Ultomiris als «Orphan Drug» zugelassen. Mit «Orphan Drug» werden wichtige Arzneimittel für seltene Krankheiten bezeichnet.

Wirkung

Bei NMOSD ist das Komplementsystem (ein wichtiger Teil des Immunabwehrsystem des Körpers) unkontrolliert und übermässig aktiv, weil wichtige Proteine für den Signalprozess der Zellen fehlen oder nicht richtig funktionieren. Dies führt zur Schädigung von Nervenzellen.

Der Wirkstoff in Ultomiris, Ravulizumab, ist ein monoklonaler Antikörper. Monoklonale Antikörper sind Proteine (Eiweisse), die spezifisch an andere Proteine binden können. Ultomiris bindet an das Protein C5, das ein Bestandteil des Komplementsystems ist. Durch die Bindung und entsprechende Blockierung des Proteins verhindert Ultomiris, dass die Immunabwehr Zellen schädigt, und kann so dazu beitragen die Symptome der Erkrankung zu kontrollieren.

Anwendung

Ultomiris mit dem Wirkstoff Ravulizumab ist rezeptpflichtig.

Ultomiris ist als Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung in den Dosierungen 300 mg/ 30 ml, 300 mg/ 3 ml und 1100 mg/ 11 ml erhältlich. Die Infusionslösung wird intravenös (in die Venen) verabreicht.

Das empfohlene Dosierungsschema besteht aus einer Initialdosis, gefolgt von Erhaltungsdosen. Die Dosen basieren auf dem Körpergewicht der Patientin oder des Patienten und werden im Abstand von jeweils 8 Wochen (Erhaltungsdosen) verabreicht, beginnend 2 Wochen nach Verabreichung der Initialdosis.

Vor dem Beginn der Behandlung sollte sichergestellt sein, dass keine aktive Meningokokkeninfektion/ -sepsis (Blutvergiftung) vorliegt und ein ausreichender Impfschutz gegen Meningokokken besteht. Aufgrund des Wirkungsmechanismus von Ultomiris besteht eine erhöhte Anfälligkeit für eine Meningokokkeninfektion/ -sepsis.

Wirksamkeit

Die Wirksamkeit von Ultomiris wurde in der (laufenden) Studie 307 untersucht, welche mit Erwachsenen mit NMOSD, die AQP-4-Antikörper aufweisen, durchgeführt wurde.

Insgesamt wurden 58 Patientinnen und Patienten mit Ultomiris behandelt, welche mit 47 Patientinnen und Patienten verglichen wurden, welche eine Scheinmedikation (Placebo) in einer anderen Studie in Erwachsenen mit NMOSD erhalten hatten. Bis zum Stichtag der Daten hatten fast alle (96,6 %) die primäre Behandlungsphase von median[1] 73.5 Wochen abgeschlossen. Bei Patientinnen und Patienten, die mit Ultomiris behandelt wurden, wurden während der primären Behandlungsdauer keine Krankheitsschübe beobachtet. Dies stand im Gegensatz zu 42,6 % der Patientinnen und Patienten in der Placebogruppe, welche Krankheitsschübe erlitten. Eine aktualisierte Analyse zeigte, dass während einer mittleren Behandlungsdauer mit Ultomiris von fast zwei Jahren kein Krankheitsschub dokumentiert wurde. Es gab jedoch Ungleichgewichte in den Krankheitsmerkmalen der Patientinnen und Patienten zwischen der Ultomiris-Gruppe und der Placebo-Gruppe, was ein direkter Vergleich der Behandlungseffekte erschwerte.

Die Wirkung von Ultomiris wurde nicht für die akute Behandlung von Krankheitsschub bei NMOSD-Patientinnen und -Patienten untersucht.

[1] Median: Der Wert, der genau in der Mitte einer Datenverteilung liegt, nennt sich Median oder Zentralwert. Die eine Hälfte aller Daten ist immer kleiner, die andere grösser als der Median.

Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken

Ultomiris darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe nicht angewendet werden. Es darf auch nicht angewendet werden bei einer Meningokokkeninfektion, wenn der Patient oder die Patientin nicht gegen Meningokokken geimpft ist oder bei bekannten angeborenen Defekten des Komplementsystems.

Die häufigsten unerwünschten Wirkungen (betrifft mehr als 1 von 10 Anwendern) sind Durchfall, Infektionen der oberen Atemwege, Nasopharyngitis (kombinierte Entzündung der Nase und des Rachens) und Kopfschmerzen.

Die schwerwiegendsten beobachteten Nebenwirkungen sind Meningokkeninfektion und Meningokokkensepsis.

Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Fachinformation aufgeführt.

Begründung des Zulassungsentscheids

Obwohl es schon Therapien zur Behandlung von NMOSD gibt, besteht ein grosser medizinischer Bedarf an sicheren und wirksamen Behandlungsmöglichkeiten.

Die durchgeführte Studie 307 zeigte, dass Ultomiris die schubfreie Zeit im Vergleich zu Placebo deutlich verlängern kann.

Unter Berücksichtigung aller Risiken und Vorsichtsmassnahmen und aufgrund der vorliegenden Daten überwiegen die Vorteile von Ultomiris zur Behandlung von NMOSD die Risiken. Swissmedic hat daher die Indikationserweiterung für das Arzneimittel Ultomiris mit dem Wirkstoff Ravulizumab für die Schweiz zugelassen.

Weitere Informationen zum Arzneimittel

Information für medizinisches Fachpersonal:

Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.

 

Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Public Summary SwissPAR ein.

In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirkung oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.