Public Summary SwissPAR – Retsevmo®

Public Summary SwissPAR vom 04.06.2021

Retsevmo® (Wirkstoff: Selpercatinib)

Befristete Zulassung in der Schweiz: 08.02.2021

Arzneimittel (Hartkapsel) zur Krebsbehandlung bei RET-Genveränderung im Tumorzellenerbgut

Über das Arzneimittel

Retsevmo ist ein Krebsmedikament mit dem Wirkstoff Selpercatinib.

Die Therapie mit Retsevmo wird angewendet, wenn sich die Krebserkrankungen trotz Behandlung mit bisherigen Standardtherapien ausgebreitet hat und/oder nicht operativ entfernt werden kann. Retsevmo wurde für die Behandlung von folgenden Krebserkrankungen zugelassen, die durch bestimmte abnormale Veränderungen im sogenannten «RET-Gen» verursacht werden:

  1. Eine Art von Lungenkrebs mit der Bezeichnung nicht kleinzelliger Lungenkrebs (NSCLC) bei Erwachsenen (sogenanntes RET-fusionspositives NSCLC)
  2. Schilddrüsenkrebs bei Erwachsenen (sogenannter RET-fusionspositiver Schilddrüsenkrebs)
  3. Eine seltene Art von Schilddrüsenkrebs mit der Bezeichnung medullärer Schilddrüsenkrebs bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahre (sogenannter RET-mutierter medullärer Schilddrüsenkrebs)
Wirkung

Bei Patientinnen und Patienten, deren Krebs durch ein verändertes RET-Gen gekennzeichnet ist, führt die Genveränderung dazu, dass der Körper ein verändertes RET-Protein erzeugt. Dies kann zu unkontrolliertem Zellwachstum und Krebs führen. Retsevmo blockiert die Wirkung des veränderten RET-Proteins und kann auf diese Weise das Krebswachstum verlangsamen oder stoppen. Es kann auch dabei helfen, den Krebs schrumpfen zu lassen.

Anwendung

Retsevmo mit dem Wirkstoff Selpercatinib ist rezeptpflichtig und als Hartkapsel in den Dosisstärken 40 mg und 80 mg zugelassen.

Voraussetzung für die Anwendung von Retsevmo ist der Nachweis einer Veränderung des RET-Gens mit einem für die spezifische Veränderung geeigneten molekularbiologischen Test.

Die empfohlene Dosis Retsevmo richtet sich nach dem Körpergewicht und beträgt:

  • Weniger als 50 kg: 120 mg Retsevmo
  • 50 kg oder mehr: 160 mg Retsevmo

Die entsprechende Dosis wird zweimal täglich eingenommen, etwa alle 12 Stunden. Sie sollte jeden Tag ungefähr zu den gleichen Uhrzeiten eingenommen werden.

Die Kapseln sind als Ganzes einzunehmen mit einem Glas Wasser, mit oder ohne Nahrung. Die Kapseln dürfen vor dem Schlucken nicht gekaut, zerbrochen oder geöffnet werden.

Wirksamkeit

Die Grundlage zur Beurteilung der Wirksamkeit von Retsevmo war die Studie LIBRETTO-001. Die Patientinnen und Patienten, welche an der Studie teilgenommen haben, zeigten ein Fortscheiten der Krankheit bei Behandlung mit der bisherigen Standardtherapie, vertrugen die bisherige Standardtherapie nicht oder es stand keine Standardtherapie zur Verfügung.

  1. RET-fusionspositives NSCLC
    Bei der Bewertung der Wirksamkeit von Retsevmo wurden 218 Patientinnen und Patienten mit einem RET-fusionspositiven NSCLC und vorausgegangener Platin-basierter Chemotherapie berücksichtigt.
    Von den 218 Patientinnen und Patienten mit auswertbarer Wirksamkeit1 zeigten 56.9 % ein Ansprechen und die mediane2 Dauer des Ansprechens betrug 17.5 Monate.
  2. RET-fusionspositiver Schilddrüsenkrebs
    Es wurden 22 Patientinnen und Patienten mit RET-fusionspositivem Schilddrüsenkrebs und vorgängiger systemischer Therapie für die Beurteilung der Wirksamkeit von Retsevmo berücksichtigt.
    Von den 22 Patientinnen und Patienten mit auswertbarer Wirksamkeit1 zeigten 77.3 % ein Ansprechen und die mediane2 Dauer des Ansprechens betrug 18.4 Monate.
  3. RET-mutierter medullärer Schilddrüsenkrebs
    Die Wirkung von Retsevmo konnte bei 143 Patientinnen und Patienten mit medullärem Schilddrüsenkrebs und vorausgegangener Behandlung mit Cabozantinib und/oder Vandetanib beurteilt werden.
    Von den 143 Patientinnen und Patienten mit auswertbarer Wirksamkeit1 zeigten 69.2 % ein Ansprechen. Die mediane2 Ansprechdauer war nicht bestimmbar.

[1] Auswertbare Wirksamkeit: Diese Patientinnen und Patienten wurden für mindestens 6 Monate nachbeobachtet.

Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken

Retsevmo darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe nicht angewendet werden.

Retsevmo kann Nebenwirkungen verursachen über die der Arzt bzw. die Ärztin unverzüglich in Kenntnis gesetzt werden muss.

Die häufigsten unerwünschten Wirkungen bei mit Retsevmo behandelten Patientinnen und Patienten sind Mundtrockenheit, Durchfall, hoher Blutdruck, erhöhte Aspartataminotransferase (AST)3, erhöhte Alaninaminotransferase (ALT)2, Erschöpfung oder Müdigkeit und Verstopfung.

Unter der Anwendung von Retsevmo sind weitere, relevante Nebenwirkungen aufgetreten (z.B. QT-Intervall Verlängerung4, Bluthochdruck, Blutungen).

Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Patientinnen- und Patienteninformation (Packungsbeilage) sowie in der Fachinformation aufgeführt.

[2] Median: Der Wert, der genau in der Mitte einer Datenverteilung liegt, nennt sich Median oder Zentralwert. Die eine Hälfte aller Daten ist immer kleiner, die andere grösser als der Median.

[3]Aspartataminotransferase (AST) und Alaninaminotransferase (ALT): Dies sind beides Enzyme, welche vor allem in den Leberzellen produziert werden. Erhöhte Blutwerte der Aktivität dieser Enzyme können einen Hinweis auf Erkrankungen im Bereich der Leber darstellen.

[4]QT-Intervall Verlängerung: Die QT-Zeit ist eine Messgrösse bei der Auswertung des Elektrokardiogramms (EKG). Eine QT-Verlängerung liegt vor, wenn die Herzfrequenz sehr tief ist und zwischen dem Beginn der Q-Zacke und dem Ende der T-Welle eine Zeit von 550 ms überschritten wird.

Begründung des Zulassungsentscheids

Zum Zeitpunkt der befristeten Zulassung sind in der Schweiz keine spezifischen Therapien zur Behandlung von Krebs, welcher durch Veränderung im RET-Gen verursacht wurde, verfügbar. Die bisherige Behandlung findet mit den gängigen Standardtherapien statt, je nach Tumortyp, unabhängig von der RET-Genveränderung.

Die für diese befristete Zulassung eingereichten Wirksamkeitsdaten zeigen überzeugende Ansprechwerte in Zweitbehandlung mit Retsevmo bei fusionspositiven NSCLC, RET-fusionspositivem Schilddrüsenkrebs und RET-mutiertem medullärem Schilddrüsenkrebs.

Unter Berücksichtigung aller vorliegenden Daten überwiegen die Vorteile von Retsevmo die Risiken. Swissmedic hat daher das Arzneimittel Retsevmo mit dem Wirkstoff Selpercatinib für die Behandlung bei Erwachsenen mit diesen Krebserkrankungen befristet zugelassen.

Auch bei Jugendlichen mit medullärem Schilddrüsenkrebs besteht ungedeckter medizinischer Behandlungsbedarf. Deshalb wurde basierend auf der biologischen Ähnlichkeit mit erwachsenen Patientinnen und Patienten und den vorläufigen Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit die befristete Zulassung von Retsevmo als Zweitbehandlung auch für Patientinnen und Patienten ab 12 Jahren mit RET-mutiertem medullärem Schilddrüsenkrebs akzeptiert.

Das Arzneimittel Retsevmo wurde in der Schweiz befristet zugelassen (Art. 9a Heilmittelgesetz), da zum Zeitpunkt der Zulassung noch nicht alle klinischen Studien abgeschlossen waren.

Die befristete Zulassung ist zwingend an die zeitgerechte Einreichung der von Swissmedic verlangten Daten aktuell noch laufender klinischen Studien gebunden. Nach Erfüllung dieser Zulassungsauflagen kann die befristete Zulassung in eine ordentliche Zulassung umgewandelt werden.

Weitere Informationen zum Arzneimittel

Information für medizinisches Fachpersonal:

Information für Patientinnen und Patienten (Packungsbeilage):

Weitere Fragen beantwortet das medizinische Fachpersonal (Arzt/Ärztin, Apotheker/Apothekerin und andere).

 

Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Public Summary SwissPAR ein.

In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirkung oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.