Pulver zur Behandlung von Patientinnen und Patienten im Alter von 1 bis 17 Jahren mit bestätigter Erdnussallergie
Kurzbericht Arzneimittelzulassung vom 24.10.2025
Palforzia® (Wirkstoff: Allergene der Erdnuss (Arachis hypogaea))
Indikationserweiterung in der Schweiz: 25.02.2025
Über das Arzneimittel
Palforzia enthält Proteine, die aus Erdnüssen (Arachis hypogaea) gewonnen werden, und wird in Pulverform zur oralen Einnahme verabreicht.
Palforzia wurde am 04.05.2021 erstmals von Swissmedic zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit bestätigter Erdnussallergie im Alter von 4 bis 17 Jahren zugelassen, einschliesslich Jugendlicher, die während der Therapie das Erwachsenenalter erreichen.
Mit der vorliegenden Indikationserweiterung vom 25.02.2025 ist Palforzia nun zusätzlich für Kleinkinder im Alter von 1 bis 3 Jahren mit bestätigter Erdnussallergie zugelassen.
Wirkung
Palforzia ist ein Pulver mit Erdnussproteinen und enthält Allergene, auf welche Patientinnen und Patienten mit einer Erdnussallergie reagieren.
Bei einer Palforzia-Behandlung ist die anfängliche Dosis Erdnussallergene so klein, dass sie in der Regel keine oder nur eine geringfügige allergische Reaktion hervorruft. Durch eine langsame Dosissteigerung kann die verträgliche Erdnussmenge allmählich erhöht werden, ohne dass eine schwerwiegende allergische Reaktion ausgelöst wird.
Palforzia kann bei Patientinnen und Patienten aufgrund seiner Erdnussallergene auch selbst allergische Reaktionen auslösen, insbesondere wenn die Dosis zu schnell gesteigert wird.
Anwendung
Palforzia ist ein rezeptpflichtiges Pulver zur oralen Einnahme. Es wird vor der Einnahme mit weichen Nahrungsmitteln (z.B. Apfelmus oder Joghurt) vermischt, gegen welche keine Allergie bekannt ist. Die exakte Einhaltung der Vorschrift und des Dosisfahrplans ist wichtig, um gefährliche allergische Reaktionen zu vermeiden. Die Behandlung mit Palforzia verläuft in drei Phasen: Aufdosierung, Dosissteigerung und Erhaltung.
Die Aufdosierung findet an einem Tag statt und umfasst bei Kleinkindern zwischen 1 und 3 Jahren vier steigende Dosisstufen, während bei älteren Kindern und Jugendlichen von 4 bis 17 Jahren eine zusätzliche, höhere Dosisstufe hinzukommt.
Die anschliessende Dosissteigerung umfasst mehrere Wochen, in denen die tägliche Menge schrittweise erhöht wird. Bei Kindern im Alter von 1 bis 3 Jahren beginnt diese Phase mit einer zusätzlichen, niedrigeren Einleitungsdosis. Jede neue Dosiserhöhung erfolgt unter ärztlicher Aufsicht. Eine Dosis kann als toleriert betrachtet werden, wenn nicht mehr als vorübergehende leichte Symptome beobachtet werden und keine medizinische Intervention/Therapie erforderlich ist.
In der Erhaltungsphase wird das Arzneimittel bei allen Patientinnen und Patienten im Alter von 1 bis 17 Jahren täglich in einer gleichbleibenden Dosis von 300 mg eingenommen, um den Behandlungseffekt langfristig zu sichern.
Während der Behandlung mit Palforzia muss weiterhin vermieden werden, Erdnüsse oder erdnusshaltige Nahrungsmittel zu essen.
Wirksamkeit
Die Wirksamkeit von Palforzia wurde in mehreren randomisierten (zufällig zugewiesenen), placebokontrollierten Phase‑3‑Studien[1] untersucht.
Bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 4 bis 17 Jahren erfolgten die Studien PALISADE und ARTEMIS. Die Ergebnisse zeigten, dass mehr als die Hälfte (PALISADE 50,3% versus 2,4%, ARTEMIS 58,3% versus 2,3%) der mit Palforzia behandelten Kinder eine Einzeldosis von 1000 mg Erdnussprotein (entspricht etwa drei Erdnüssen) vertrugen. Im Vergleich dazu tolerierten weniger als 3 % der Placebo-Gruppe diese Menge.
In der Studie POSEIDON wurde die Wirksamkeit von Palforzia zusätzlich bei Kindern im Alter von 1 bis 3 Jahren geprüft. Dort vertrugen 68,4 % der mit Palforzia behandelten Kinder eine Einzeldosis von 1000 mg Erdnussprotein, verglichen mit 4,3 % in der Placebo-Gruppe.
Dem beschriebenen Nutzen der Behandlung stehen mögliche allergische Reaktionen auf Palforzia gegenüber. Insgesamt zeigten die Studien, dass unter Palforzia-Behandlung häufiger schwere allergische Reaktionen auftraten als unter Placebo. Die Mehrheit dieser Fälle war jedoch nur leicht bis mässig ausgeprägt. Die vorhandenen Daten deuten darauf hin, dass das Risiko einer systemischen allergischen Reaktion bei Jugendlichen (22,5%) höher als bei Kindern (≤11 Jahre; 12,5%) ist. Bei Kindern im Alter von 1 bis 3 Jahren hatten 11 Probanden (11,2%) in der PALFORZIA-Gruppe und 2 Probanden (4,2%) in der Placebo-Gruppe mindestens eine Episode mit Adrenalin-Gabe.
[1] Placebokontrollierte Phase‑3‑Studie: Fortgeschrittene klinische Studie, in der ein Arzneimittel mit einer Scheinbehandlung (Placebo) verglichen wird, um seine Wirksamkeit und Sicherheit vor der Zulassung zu prüfen.
Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken
Im Verlauf der Behandlung mit Palforzia kann die Menge an Erdnussprotein, die ohne eine allergische Reaktion vertragen wird, deutlich erhöht werden. Dennoch können nicht nur zu Beginn der Behandlung, sondern auch nach längerer Einnahme allergische Reaktionen auftreten. Diese reichen von leichten Symptomen wie Hautrötungen, oder Juckreiz bis hin zu schweren Reaktionen, die lebensbedrohlich sein können.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Palforzia bei Patientinnen und Patienten im Alter von 1 bis 17 Jahren zählen gastrointestinale Beschwerden[2], Hautreaktionen und Erkrankungen der Atemwege. Bei Kleinkindern im Alter von 1 bis 3 Jahren treten unter Palforzia gewisse Nebenwirkungen wie Husten, Nesselsucht[3] oder Erbrechen häufiger auf als bei älteren Kindern und Jugendlichen (4 bis 17 Jahre), auch wenn solche Beschwerden grundsätzlich in allen getesteten Altersgruppen (1 bis 17 Jahre) vorkommen können.
Schwerwiegende Symptome erfordern eine sofortige Behandlung, einschliesslich der Gabe von Adrenalin und anschliessender medizinischer Abklärung. Patientinnen und Patienten, welche Palforzia erhalten, müssen deshalb geschult werden, um allergische Reaktionen frühzeitig erkennen zu können und im Notfall richtig zu handeln. Ein stets verfügbares Notfallset mit injizierbarem Adrenalin ist unerlässlich.
Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Patientinnen- und Patienteninformation (Packungsbeilage) sowie in der Fachinformation aufgeführt.
[2] Gastrointestinale Beschwerden: Beschwerden im Magen und Darm, wie Bauchschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen.
[3] Nesselsucht: Eine Hautreaktion, bei der plötzlich juckende, rote Hautstellen oder Beulen (Quaddeln) entstehen, die oft schnell wieder verschwinden und an anderer Stelle neu auftreten.
Begründung des Zulassungsentscheids
Die Studie POSEIDON belegte, dass der Nutzen der Behandlung mit Palforzia bei Kleinkindern im Alter von 1 bis 3 Jahren vergleichbar ist mit dem Nutzen bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 4 bis 17 Jahren, wobei die Verträglichkeit bezüglich schwerwiegender allergischer Reaktionen bei Kleinkindern im Alter von 1 bis 3 Jahren im Vergleich zu älteren Kindern/Jugendlichen im historischen Vergleich der Studien besser abzuschneiden scheint. Auch in dieser jüngeren Altersgruppe kann bei den meisten Kindern durch die Behandlung mit Palforzia die verträgliche Erdnussmenge signifikant erhöht werden
Unter Berücksichtigung aller vorliegenden Daten überwiegen die Vorteile der Indikationserweiterung die Risiken. Swissmedic hat daher die Indikationserweiterung von Palforzia zur Behandlung von Patientinnen und Patienten im Alter von 1 bis 3 Jahren mit bestätigter Erdnussallergie in der Schweiz zugelassen.
Weitere Informationen zum Arzneimittel
Information für medizinisches Fachpersonal:
Information für Patientinnen und Patienten (Packungsbeilage):
Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.
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Palforzia® (Wirkstoff: Allergene der Erdnuss (Arachis hypogaea)) (PDF, 276 kB, 24.10.2025)Indikationserweiterung (01)
Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Kurzbericht Arzneimittelzulassung ein.
In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirksamkeit oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.