Public Summary SwissPAR – Koselugo®

Public Summary SwissPAR vom 29.12.2022

Koselugo® (Wirkstoff: Selumetinib)

Befristete Zulassung in der Schweiz: 29.07.2022

Arzneimittel (Hartkapseln) zur Behandlung von Neurofibromatose Typ 1 bei Kindern und Jugendlichen ab 3 Jahren

Über das Arzneimittel

Das Arzneimittel Koselugo mit dem Wirkstoff Selumetinib wird angewendet zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen ab 3 Jahren mit Neurofibromatose Typ 1 (NF1) und symptomatischen inoperablen plexiformen Neurofibromen (PN).

Neurofibromatose Typ 1 (NF1) ist eine seltene, genetisch bedingte Erkrankung. Diese wird durch Mutationen im sogenannten «NF1-Tumor-suppressor-gen» verursacht, welches für das «Tumor-suppressor-protein Neurofibromin 1» kodiert.

Frühe Anzeichen von NF1 sind die Café-au-lait-Flecken[1] und eine allgemeine Hyperpigmentierung[2] der Haut, die innerhalb der ersten zwei Lebensjahre auftreten. Bei einem Drittel der Patientinnen und Patienten mit NF1 werden plexiforme (netzartig wachsende) Neurofibrome (PNs) gefunden.

Oberflächliche Neurofibrome sind gutartig und müssen nicht entfernt werden, es sei denn sie verursachen Beschwerden. Die operative Entfernung ist die Standardtherapie für die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit PN. Sie ist jedoch aufgrund der Beteiligung von Nerven und des damit verbundenen Risikos von Nervenverletzungen oder schweren Blutungen oft nicht anwendbar.

Da es sich bei dieser Krankheit um eine seltene und lebensbedrohende Krankheit handelt, wurde Koselugo als «Orphan Drug» zugelassen. Mit «Orphan Drug» werden wichtige Arzneimittel für seltene Krankheiten bezeichnet.

Koselugo wurde gemäss Artikel 13 des Heilmittelgesetzes (HMG) zugelassen. Das bedeutet, dass das Arzneimittel bereits in einem anderen Land mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle zugelassen ist. In diesem Fall berücksichtigt Swissmedic die Ergebnisse der von der ausländischen Arzneimittelbehörde durchgeführten Prüfungen, sofern bestimmte Anforderungen erfüllt sind. Es geht um Prüfungen zur Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit des Arzneimittels und inwieweit die Ergebnisse für die Schweiz übernommen werden können.

Die Berücksichtigung der Ergebnisse ausländischer Zulassungsverfahren soll dazu beitragen, dass im Ausland bereits zugelassene Arzneimittel den Patientinnen und Patienten in der Schweiz möglichst rasch zur Verfügung stehen.

Für die Zulassung von Koselugo in der Schweiz hat Swissmedic Teile der Begutachtung für den Zulassungsentscheid von der amerikanischen Behörde (FDA) übernommen.

Somit verweist Swissmedic im SwissPAR (Swiss Public Assessment Report) und im daraus gewonnenen Public Summary SwissPAR ergänzend auf den Assessment Report sowie auf den Kurzbericht der Referenzbehörde: (www.fda.gov)

[1] Café-au-lait-Flecken: hellbraune, gleichmässig pigmentiere Hautflecken, die am ganzen Körper in unterschiedlicher Grösse auftreten können.

[2] Hyperpigmentierung: Bei einer Hyperpigmentierung ist die Haut durch eine abnormal erhöhte Menge des Hautpigmentes Melanin verdunkelt.

Wirkung

Der Wirkstoff Selumetinib ist ein sogenannter «MEK-Hemmer». Seine Wirkung besteht in der Blockierung bestimmter Eiweissstoffe, von denen bekannt ist, dass sie für das Wachstum von Tumorzellen eine Rolle spielen.

Anwendung

Koselugo mit dem Wirkstoff Selumetinib ist rezeptpflichtig und als Hartkapseln in der Dosis 10 mg und 25 mg erhältlich.

Die einzunehmende Dosis hängt von der Körperoberfläche der Patientinnen und Patienten ab. Diese wird in Quadratmetern (m2) gemessen und vom Arzt, respektive der Ärztin aus der Körpergrösse und dem Körpergewicht berechnet.

Die Kapseln müssen als Ganzes mit etwas Wasser geschluckt werden und dürfen nicht zerkaut, aufgelöst oder geöffnet werden.

Wirksamkeit

Die Wirksamkeit von Koselugo wurde in der Studie SPRINT mit 50 Patientinnen und Patienten im Alter von 3,5 bis 17,4 Jahren mit NF1-bedingten inoperablen PN untersucht.

Die Patientinnen und Patienten erhielten Koselugo zweimal täglich über einen Zeitraum von jeweils 28 Tagen (1 Behandlungszyklus) bis zur Krankheitsprogression (Fortschreiten der Krankheit) oder inakzeptablen Toxizität.

Die primäre Auswertung[3] war die Gesamtansprechrate (ORR) definiert als prozentualer Anteil an Patientinnen und Patienten mit vollständigem Ansprechen (definiert als Verschwinden der Ziel-PN) oder bestätigtem partiellen Ansprechen (definiert als Verringerung des PN-Volumens um >20%, bestätigt durch eine Tumorbeurteilung innerhalb von 3-6 Monaten). Der primäre Wirksamkeitsendpunkt ORR betrug 66%. Von den 66% der Patientinnen und Patienten welche ein Ansprechen zeigten, hatten alle ein partielles Ansprechen, was einer Verringerung des PN-Volumens um mindestens 20% entspricht. Die mediane[4] Zeit bis zum Beginn des Ansprechens betrug 7,2 Monate.

[3] Primäre Auswertung: Die primäre Auswertung findet zum primären Endpunkt einer klinischen Studie statt. Der primäre Endpunkt ist das, vor der Studie festgelegte, erstrangige Ziel der Studie. Wird der primäre Endpunkt erreicht oder übertroffen, belegt die Studie, dass eine Behandlung wirksam ist. Sekundäre Endpunkte dagegen bilden weitere Effekte ab, die jedoch nicht eindeutig die Wirksamkeit belegen bzw. keinen eindeutigen Schluss auf das eigentliche Zielkriterium (primärer Endpunkt) erlauben.

[4] Median: Der Wert, der genau in der Mitte einer Datenverteilung liegt, nennt sich Median oder Zentralwert. Die eine Hälfte aller Daten ist immer kleiner, die andere grösser als der Median.

Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken

Koselugo darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe nicht angewendet werden.

Die häufigsten unerwünschten Wirkungen sind Erbrechen, Hautausschlag, Bauchschmerzen, Durchfall, Übelkeit, trockene Haut, Muskel-Skelett-Schmerzen, Müdigkeit, Fieber, Entzündungen der Mundschleimhaut, Kopfschmerzen, Schmerzen beim Schlucken, Nagelbettentzündung, Juckreiz, Husten, Dermatitis (entzündliche Reaktionen der Haut), Verstopfung, verstopfte Nase, Haarausfall und Veränderung der Haarfarbe.

Sicherheitsrelevante unerwünschte Wirkungen von Koselugo sind Sehstörungen, Veränderung des Stuhlgangs, Schädigungen der Haut und Herzstörungen.

Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Patientinnen- und Patienteninformation (Packungsbeilage) sowie in der Fachinformation aufgeführt.

Begründung des Zulassungsentscheids

In der Schweiz sind zurzeit keine systemischen Therapien[5] für Patientinnen und Patienten mit NF1 zugelassen. Es besteht entsprechend ein hoher ungedeckter medizinischer Bedarf, insbesondere in Anbetracht der erheblichen Beschwerden.

Die Studie SPRINT hat bedeutsame ORR- Raten aufgezeigt. Die Daten zum progressionsfreien Überleben (PFS[6]) sind jedoch noch nicht aussagekräftig, so dass nicht beurteilt werden kann. ob sich die ORR in ein verlängertes PFS führt. Weiter fehlen noch Daten zur Langzeitsicherheit. Auch wird aktuell eine andere Verabreichungsform (Granulat) untersucht, welche für jüngere Kinder besser geeignet ist. Die aktuelle Formulierung einer Kapsel kann insbesondere für Kinder unter 6 Jahren problematisch sein, welche die Kapsel nicht als Ganzes schlucken können.

Das Arzneimittel Koselugo wurde deshalb in der Schweiz befristet zugelassen (Art. 9a HMG), da zum Zeitpunkt der Zulassung noch nicht alle klinischen Studien vorliegen oder abgeschlossen waren. Die befristete Zulassung ist zwingend an die zeitgerechte Einreichung der von Swissmedic verlangten Daten gebunden. Nach Erfüllung dieser Zulassungsauflagen kann die befristete Zulassung bei positiver Nutzen-Risiko-Beurteilung der Resultate in eine ordentliche Zulassung umgewandelt werden.

[5] Systemische Therapie: Im Gegensatz zu einer lokalen Therapie (Behandlung am Ort der Erkrankung) wird bei der systemischen Therapie die Behandlung des gesamten Körpers zur Bekämpfung einer Erkrankung eingeschlossen.

[6] PFS: Progressionsfreies Überleben (PFS, progression-free survival): Zeitspanne zwischen dem Start einer Behandlung oder einer klinischen Studie und dem Beginn des Fortschreitens der Krankheit oder dem Tod der Patientin oder des Patienten.

Weitere Informationen zum Arzneimittel

Information für medizinisches Fachpersonal:

Information für Patientinnen und Patienten (Packungsbeilage):

Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.

 

Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Public Summary SwissPAR ein.

In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirkung oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.