Filmtabletten zur Behandlung von Erwachsenen mit rezidivierter oder refraktärer chronischer lymphatischer Leukämie (CLL)
Kurzbericht Arzneimittelzulassung vom 23.12.2025
Jaypirca® (Wirkstoff: Pirtobrutinib)
Indikationserweiterung in der Schweiz: 23.09.2025
Über das Arzneimittel
Jaypirca enthält den Wirkstoff Pirtobrutinib.
Jaypirca wird zur Behandlung von Erwachsenen mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) angewendet, wenn der Krebs wieder aufgetreten ist (rezidiviert) oder die vorherige Behandlung nicht gewirkt hat (refraktär). Zudem sind schon mindestens zwei oder mehr Krebsbehandlungen erfolgt, darunter eine Bruton-Tyrosin-Kinase-(BTK)-Hemmer-Therapie.
CLL ist eine langsam fortschreitende (chronische) Form von Blutkrebs, bei der sich bestimmte weisse Blutkörperchen (Lymphozyten) unkontrolliert vermehren und im Blut oder in den Lymphknoten ansammeln.
Da es sich bei CLL um eine seltene und lebensbedrohende Krankheit handelt, wurde das Arzneimittel Jaypirca als «Orphan Drug» zugelassen. Mit «Orphan Drug» werden Arzneimittel für seltene Krankheiten bezeichnet.
Jaypirca wurde am 30.11.2023 erstmals von Swissmedic zur Behandlung von Erwachsenen mit rezidiviertem oder refraktärem Mantelzell-Lymphom (MCL) zugelassen.
Wirkung
Bei der CLL ist ein Eiweiss namens BTK in den weissen Blutkörperchen überaktiv. Es sendet ständig Signale, die den Krebszellen helfen zu wachsen und nicht abzusterben. Indem es BTK hemmt, kann Jaypirca dazu beitragen, das Wachstum und Überleben der Krebszellen zu verhindern, und so das Voranschreiten der Krebserkrankung zu verlangsamen.
Anwendung
Jaypirca ist rezeptpflichtig.
Jaypirca ist als Filmtabletten in der Dosis 50 mg und 100 mg erhältlich und wird oral eingenommen. Die übliche Anfangsdosis beträgt einmal täglich 200 mg.
Die Tabletten sollen unzerkaut mit einem Glas Wasser geschluckt werden und können unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden. Jaypirca soll täglich etwa zur gleichen Zeit eingenommen werden.
Treten während der Einnahme bestimmte Nebenwirkungen auf, kann die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt die Dosis anpassen oder die Behandlung unterbrechen
Wirksamkeit
Die Wirksamkeit von Jaypirca wurde unter anderem bei 189 Erwachsenen mit rezidivierter oder refraktärer CLL untersucht, die zuvor mindestens zwei Therapien, darunter einen BTK-Hemmer, erhalten hatten (BRUIN CLL-321, Studie 20020).
Die Teilnehmenden wurden in zwei Gruppen eingeteilt: 98 Patientinnen und Patienten erhielten Jaypirca einmal täglich 200 mg, während die Patientinnen und Patienten der Kontrollgruppe eine von zwei Vergleichsbehandlungen erhielten (64 mit Idelalisib plus Rituximab und 27 mit Bendamustin plus Rituximab).
Die Wirkung von Jaypirca wurde vor allem danach beurteilt, wie lange die Krankheit nicht fortschreitet – das nennt man "progressionsfreies Überleben" (PFS[1], progression-free survival).
Nach einer medianen[2] Beobachtungszeit von 19,4 Monaten für Jaypirca und 17,7 Monate im Kontrollarm zeigte die Jaypirca-Behandlung eine verlängerte progressionsfreie Überlebenszeit: Im Median 13,9 Monate in der Jaypirca-Gruppe gegenüber 8,3 Monate in der Kontrollgruppe.
Die Interpretation der Daten zum Gesamtüberleben (OS[3], Overall Survival) wurde erschwert durch eine relativ kurze Nachbeobachtungszeit, unterschiedliche Therapien in der Kontrollgruppe und der Tatsache, dass ein Teil der Patientinnen und Patienten aus der Kontrollgruppe nach einem Fortschreiten der Erkrankung auf Jaypirca wechselte (Cross-Over). Insgesamt wurde das OS beider Gruppen jedoch als vergleichbar eingeschätzt. Allerdings wurde im Rahmen des Zulassungsentscheids die Vorlage von OS-Daten nach einer verlängerten Nachbeobachtungszeit von 5 Jahren auferlegt, um zu einem späteren Zeitpunkt eine verbesserte Einschätzung des OS zu ermöglichen.
[1] Progressionsfreies Überleben (PFS, progression-free survival): Zeitspanne zwischen dem Start einer Behandlung oder einer klinischen Studie und dem Beginn des Fortschreitens der Krankheit oder dem Tod der Patientin oder des Patienten.
[2] Median: Der Wert, der genau in der Mitte einer Datenverteilung liegt, nennt sich Median oder Zentralwert. Die eine Hälfte aller Daten ist immer kleiner, die andere grösser als der Median.
[3] Gesamtüberleben: Das Gesamtüberleben (OS, overall survival) bezeichnet die Zeitspanne zwischen Therapiebeginn und Tod des Patienten bzw. der Patientin.
Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken
Jaypirca darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe nicht angewendet werden. Jaypirca darf nicht während der Schwangerschaft und der Stillzeit angewendet werden.
Während der Behandlung können bestimmte schwerwiegende und tödliche Nebenwirkungen auftreten, die ärztlich überwacht werden müssen. Besonders wichtig ist es, das Risiko für Infektionen, Blutungen (Hämorrhagien), eine Verminderung der Blutzellen (Zytopenien), sowie Herzrhythmusstörungen (Vorhofflimmern und Vorhofflattern) im Auge zu behalten. Ebenso können neue Krebserkrankungen (sekundäre Primärmalignome) und Leberschäden (Hepatotoxizität) auftreten. In seltenen Fällen wurde ein Tumorlysesyndrom (TLS)[4] berichtet. Die Ärztin oder der Arzt wird regelmässig Untersuchungen durchführen und auf mögliche Anzeichen solcher Nebenwirkungen achten.
Die häufigsten unerwünschten Wirkungen (betrifft mehr als 15% der Patientinnen und Patienten) sind: Blutungen, verminderte Anzahl bestimmter weisser Blutkörperchen (Neutropenie), Müdigkeit (Fatigue), Durchfall (Diarrhö), verminderte Anzahl roter Blutkörperchen (Anämie), Hautausschlag, Prellung, Ödeme, Übelkeit und verminderte Anzahl roter Blutplättchen (Thrombozytopenie).
Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Patientinnen- und Patienteninformation (Packungsbeilage) sowie in der Fachinformation aufgeführt.
[4] Tumorlyse-Syndrom (TLS) bezeichnet eine Komplikation, die auftreten kann, wenn viele Krebszellen sehr schnell zerstört werden. Dabei gelangen ungewöhnlich hohe Mengen chemischer Abbauprodukte in den Blutkreislauf, was zu Veränderungen der Nierenfunktion, Herzrhythmusstörungen oder Krampfanfällen führen kann.
Begründung des Zulassungsentscheids
Bei der CLL handelt es sich um eine schwer behandelbare Form von Blutkrebs, insbesondere bei Patientinnen und Patienten, deren Erkrankung nach mehreren Therapien – darunter eine Therapie mit einem BTK-Hemmer – erneut aufgetreten ist oder nicht angesprochen hat. In dieser Situation bestehen nur noch begrenzte Therapieoptionen, und die Prognose ist ungünstig.
Die entscheidende Zulassungsstudie (BRUIN CLL-321, Studie 20020) zeigte, dass Jaypirca die Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung (PFS) verlängert. Zwar konnte kein Vorteil beim Gesamtüberleben (OS) gezeigt werden, aber die Analyse wurde unter anderem durch Patientinnen und Patienten beeinflusst, die nach dem Fortschreiten von der Kontrolltherapie zu Jaypirca gewechselt haben. Zusätzlich zeigte Jaypirca in der Studie ein besseres Sicherheitsprofil im Vergleich zu Idelalisib plus Rituximab, welche in der Zulassungsstudie eine der zwei Therapien der Kontrollgruppe war und eine Therapiealternative in der zugelassenen Indikation darstellt.
Unter Berücksichtigung aller Risiken und Vorsichtsmassnahmen und aufgrund der vorliegenden Daten überwiegen die Vorteile von Jaypirca die Risiken. Swissmedic hat daher das Arzneimittel Jaypirca mit dem Wirkstoff Pirtobrutinib für die Behandlung von Erwachsenen mit rezidivierter oder refraktärer CLL ab der dritten Therapielinie in der Schweiz zugelassen.
Weitere Informationen zum Arzneimittel
Information für medizinisches Fachpersonal:
Information für Patientinnen und Patienten (Packungsbeilage):
Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.
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Jaypirca® (Wirkstoff: Pirtobrutinib) (PDF, 269 kB, 23.12.2025)Indikationserweiterung (01)
Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Kurzbericht Arzneimittelzulassung ein.
In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirksamkeit oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.