Infusion zur Behandlung von inoperablen oder metastasierten HER2-positiven (IHC3+) soliden Tumoren bei Erwachsenen
Kurzbericht Arzneimittelzulassung vom 14.11.2025
Enhertu® (Wirkstoff: Trastuzumab-Deruxtecan)
Befristete Indikationserweiterung in der Schweiz: 26.05.2025
Über das Arzneimittel
Enhertu mit dem Wirkstoff Trastuzumab-Deruxtecan wird zur Behandlung von Erwachsenen mit inoperablen oder metastasierten (gestreuten) HER2-positiven (IHC3+)[1] soliden Tumoren eingesetzt.
HER2 ist die Abkürzung für «human epidermal growth factor receptor 2» und bezeichnet Bindungsstellen (Rezeptoren) für Wachstumsfaktoren, die die Krebszelle zur Teilung antreiben.
Die Anwendung von Enhertu erfolgt nach mindestens einer vorausgegangenen systemischen Therapie[2], wenn die Erkrankung progredient[3] ist und keine zufriedenstellenden alternativen Behandlungsoptionen mehr zur Verfügung stehen.
Das Arzneimittel Enhertu wurde von Swissmedic bereits für andere weitere Indikationen zugelassen.
Die vorliegende Indikationserweiterung von Enhertu wurde im Rahmen des «Project Orbis» zugelassen. Project Orbis ist ein von der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA koordiniertes Programm für vielversprechende Krebsbehandlungen. Es bietet einen Rahmen für die gleichzeitige Einreichung und Prüfung von Krebsmedikamenten durch mehrere internationale Partnerbehörden verschiedener Länder. Damit wird das Ziel verfolgt, Patientinnen und Patienten einen schnelleren Zugang zu innovativen Krebsbehandlungen zu ermöglichen. Zurzeit sind nebst der FDA die Zulassungsbehörden von Australien (TGA), Brasilien (ANVISA), Israel (MOH), Kanada (HC), Singapur (HSA), Schweiz (Swissmedic) und dem Vereinigten Königreich (MHRA) im Project Orbis vertreten.
[1] IHC3+: Bezeichnung für eine starke Anfärbung des
Proteins HER2 auf der Oberfläche von Tumorzellen. Das bedeutet, dass der Tumor
besonders viele HER2-Proteine bildet, was für die Auswahl bestimmter
zielgerichteter Therapien wichtig ist.
[2] Systemische Therapie: Im Gegensatz zu einer lokalen
Therapie (Behandlung am Ort der Erkrankung) wird bei der systemischen Therapie
die Behandlung des gesamten Körpers zur Bekämpfung der Erkrankung
eingeschlossen.
[3] Progredient: Die Krankheit/Tumorerkrankung schreitet
fort, wächst weiter oder breitet sich trotz Behandlung aus.
Wirkung
Enhertu enthält den Wirkstoff Trastuzumab–Deruxtecan. Dieser Wirkstoff kombiniert einen Antikörper (ein Protein), der den HER2-Rezeptor auf den Krebszellen erkennt und sich an ihn binden kann, mit einer gegen bösartige Tumore wirksamen Substanz, einem sogenannten Topoisomerase-1-Inhibitor. So wird die DNA (das Erbgut) der Tumorzellen geschädigt, was zum Absterben der Krebszellen führt.
Anwendung
Enhertu ist rezeptpflichtig und wird als Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung angewendet. Vor der Anwendung muss das Pulver durch eine medizinische Fachkraft gemäss den Vorgaben aufgelöst und verdünnt werden und anschliessend langsam über die Vene verabreicht werden.
Die empfohlene Dosis für metastasierte, inoperable solide Tumore beträgt 5,4 mg/kg Körpergewicht. Diese Dosis wird einmal alle drei Wochen als Infusion verabreicht und soll so lange fortgeführt werden, wie die Krankheit nicht fortschreitet und keine unerträglichen Nebenwirkungen auftreten.
Wirksamkeit
Die Wirksamkeit von Enhertu wurde in klinischen Studien mit 192 Patientinnen und Patienten untersucht, die alle HER2-positive (IHC3+) inoperable oder metastasierte solide Tumore hatten und bereits vorherige Therapien erhalten hatten. Die Patientinnen und Patienten wurden in drei Phase-II-Studien[4] einbezogen: DESTINY-PanTumor02, DESTINY-CRC02 und DESTINY-Lung01.
In diesen Studien wurde die objektive Ansprechrate (ORR)[5] sowie die Ansprechdauer (DOR)[6] nach der Behandlung mit Enhertu von unabhängigen Gutachtern überprüft.
Die ORR in der DESTINY-PanTumor02 Studie betrug 51,4%, in der DESTINY-Lung01 Studie 52,9% und in der DESTINY-CRC02 Studie 46,9%.
Die mediane DOR variierte von 5,5 Monaten in DESTINY-CRC02, über 6,9 Monate in DESTINY-Lung01 bis zu 19,4 Monaten in DESTINY-PanTumor02.
Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken
Enhertu darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe nicht angewendet werden.
Unter der Therapie mit Enhertu besteht die Gefahr einer Lungenerkrankung (interstitielle Lungenerkrankung, ILD), welche potenziell tödlich verlaufen kann. Patientinnen und Patienten sind auf Anzeichen wie Husten, Atemnot, Fieber oder andere Atemwegssymptome zu überwachen.
Einige weitere, sehr häufige, unerwünschte Wirkungen nach Verabreichung von Enhertu sind Veränderungen des Blutbildes, Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit, Verstopfung und Durchfall sowie Neutropenie[7].
[4] Phase-II-Studie: Klinische Studie, in der ein neues Arzneimittel bei Patientinnen und Patienten auf Wirksamkeit und Verträglichkeit geprüft wird, nachdem zuvor in Phase I die Sicherheit und Dosierung getestet wurden.
[5] Objektive Ansprechrate (ORR): Die objektive Ansprechrate beschreibt den Anteil der Patientinnen und Patienten in Prozent mit klinisch relevanter Reduktion der Tumorgrösse.
[6] Ansprechdauer (DOR): Zeitraum, in dem der Tumor verkleinert bleibt oder nicht weiterwächst, nachdem eine Behandlung angesprochen hat (also wirksam war). Sie endet, wenn der Tumor wieder größer wird oder die Krankheit fortschreitet.
[7] Neutropenie: Verminderung bestimmter weisser Blutkörperchen, die für die Abwehr von Infektionen wichtig sind. Dadurch besteht ein erhöhtes Risiko für Infektionen.
Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Fachinformation aufgeführt.
Begründung des Zulassungsentscheids
Es gibt begrenzte Behandlungsoptionen für Patientinnen und Patienten mit nicht-operablen oder metastasierten HER2-positiven soliden Tumoren (IHC3+), die nach einer vorherigen systemischen Behandlung fortschreiten und keine zufriedenstellenden, alternativen Therapiemöglichkeiten haben. Enhertu bietet eine zielgerichtete Therapieoption speziell für diese Patientengruppe.
Die klinischen Studien (DESTINY-PanTumor02, DESTINY-CRC02, DESTINY-Lung01) zeigten klinisch bedeutsame Ansprechraten sowie Ansprechdauer.
Obwohl Risiken wie Lungenkrankheiten bestehen, überwiegt der klinisch nachgewiesene Nutzen, insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit begrenzten Behandlungsoptionen.
Aufgrund dieser Erkenntnisse hat Swissmedic die Indikation für das Arzneimittel Enhertu, das den Wirkstoff Trastuzumab-Deruxtecan enthält, in der Schweiz erweitert. Es ist nun auch für die Behandlung von inoperablen oder metastasierten HER2-positiven soliden Tumoren zugelassen, die nach einer vorherigen systemischen Therapie fortgeschritten sind oder für die es keine zufriedenstellenden anderen Therapieoptionen gibt.
Diese Indikationserweiterung wurde gemäss Artikel 9a HMG befristet zugelassen, da zum Zeitpunkt der Zulassung noch nicht alle klinischen Studien abgeschlossen oder verfügbar waren. Die befristete Indikationserweiterung ist zwingend an die zeitgerechte Einreichung der von Swissmedic verlangten ergänzenden Daten gebunden. Nach Erfüllung dieser Zulassungsauflagen kann die befristete Zulassung bei positiver Nutzen-Risiko-Beurteilung der Resultate in eine Zulassung ohne besondere Auflagen überführt werden.
Weitere Informationen zum Arzneimittel
Information für medizinisches Fachpersonal:
Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.
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Enhertu® (Wirkstoff: Trastuzumab-Deruxtecan) (PDF, 225 kB, 14.11.2025)Indikationserweiterung (04)
Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Kurzbericht Arzneimittelzulassung ein.
In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirksamkeit oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.