Filmtabletten zur Behandlung von Erwachsenen mit gastrointestinalem Stromatumor (GIST), der eine spezifische Mutation (PDGFRA-D842V) aufweist, sowie von Erwachsenen mit fortgeschrittener systemischer Mastozytose
Kurzbericht Arzneimittelzulassung vom 24.10.2025
Ayvakyt® (Wirkstoff: Avapritinib)
Zulassung in der Schweiz: 06.07.2023
Über das Arzneimittel
Ayvakyt enthält den Wirkstoff Avapritinib und wird in Form von Filmtabletten verabreicht.
Ayvakyt wird zur Behandlung von Erwachsenen eingesetzt, die an einem speziellen Tumor des Verdauungstrakts, dem sogenannten gastrointestinalen Stromatumor (GIST), leiden. Der Tumor weist eine bestimmte Genmutation auf (PDGFRA-D842V)[1] und ist entweder so weit fortgeschritten, dass er nicht operativ entfernt werden kann (inoperabel), oder er hat bereits gestreut und sich auf andere Körperteile ausgebreitet (metastasiert).
Ayvakyt wird zudem zur Behandlung fortgeschrittener systemischer Mastozytose (AdvSM)[2] eingesetzt, sofern die Patientin oder der Patient zuvor bereits mindestens eine andere systemische Therapie[3] erhalten hat. AdvSM umfasst Patientinnen und Patienten mit aggressiver systemischer Mastozytose (ASM), systemischer Mastozytose mit assoziierter hämatologischer Neoplasie (SM-AHN) und Mastzellleukämie (MCL).
Da es sich bei diesen Krankheiten um seltene und lebensbedrohende Krankheiten handelt, wurde das Arzneimittel als «Orphan Drug» zugelassen. Mit «Orphan Drug» werden Arzneimittel für seltene Krankheiten bezeichnet.
Ayvakyt wurde gemäss Artikel 13 des Heilmittelgesetzes (HMG) zugelassen. Das bedeutet, dass das Arzneimittel bereits in einem anderen Land mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle zugelassen ist.
In diesem Fall berücksichtigt Swissmedic die Ergebnisse der von ausländischen Arzneimittebehörden durchgeführten Prüfungen, sofern bestimmte Anforderungen erfüllt sind. Es geht um Prüfungen zur Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit des Arzneimittels und inwieweit die Ergebnisse für die Schweiz übernommen werden können.
Die Berücksichtigung der Ergebnisse ausländischer Zulassungsverfahren soll dazu beitragen, dass im Ausland bereits zugelassene Arzneimittel den Patientinnen und Patienten in der Schweiz möglichst rasch zur Verfügung stehen.
Für die Zulassung von Ayvakyt in der Schweiz hat Swissmedic die Begutachtung und den Zulassungsentscheid der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA (U.S. Food and Drug Administration) übernommen und lediglich eine begrenzte wissenschaftliche Begutachtung durchgeführt.
Somit verweist Swissmedic im SwissPAR (Swiss Public Assessment Report) und im darauf aufbauenden Kurzbericht Arzneimittelzulassung auf den öffentlich verfügbaren Beurteilungsbericht der Referenzbehörde: www.fda.gov
[1] PDGFRA-D842V: PDGFRA ist der Name des betroffenen Gens, das das Zellwachstum steuert. D842V gibt die genaue Stelle der Veränderung innerhalb dieses Gens an.
[2] Fortgeschrittene systemische Mastozytose (AdvSM): Erkrankung, bei der zu viele Mastzellen in verschiedenen Organen gesammelt sind, die sowohl starke allergische Symptome als auch Schäden an Organen verursachen können.
[3] Systemische Therapie: Im Gegensatz zu einer lokalen Therapie (Behandlung am Ort der Erkrankung) wird bei der systemischen Therapie die Behandlung des gesamten Körpers zur Bekämpfung der Erkrankung eingeschlossen
Wirkung
Der Wirkstoff Avapritinib in Ayvakyt wirkt gegen gastrointestinalen Stromatumor (GIST) mit der PDGFRA-D842V-Mutation. Avapritinib bindet und hemmt dabei eine mutierte, überaktive Form eines Enzyms[4] (PDGFRA). Dieses mutierte Enzym vermittelt ungebremst Signale für Zellwachstum und Zellteilung und treibt dadurch das Tumorwachstum voran. Durch die gezielte Hemmung mit Avapritinib kann das Tumorwachstum verringert oder gestoppt werden.
Darüber hinaus wirkt Avapritinib bei fortgeschrittener systemischer Mastozytose (AdvSM). Auch hier hemmt es eine mutierte, überaktive Form eines Enzyms (KIT), das zur krankhaften Vermehrung von Zellen beiträgt. Durch die gezielte Hemmung kann Avapritinib das Mastzellwachstum und die damit verbundenen Symptome verringern oder stoppen.
[4] Enzyme sind Eiweisse (Proteine), die als Biokatalysatoren biochemische Reaktionen im Organismus steuern und beschleunigen.
Anwendung
Ayvakyt ist rezeptpflichtig und als Filmtabletten für die orale Einnahme erhältlich. Die empfohlene Dosierung hängt von der Erkrankung ab: Bei GIST beträgt sie 300 mg einmal täglich, bei AdvSM 200 mg einmal täglich. Diese Dosierungen entsprechen zugleich den maximal empfohlenen Tagesdosen und sollten nicht überschritten werden. Die Tabletten sind unzerkaut mit einem Glas Wasser auf nüchternen Magen einzunehmen, mindestens 2 Stunden vor oder 1 Stunde nach einer Mahlzeit.
Ayvakyt soll für die Behandlung von AdvSM nicht angewendet werden, wenn die Thrombozytenzahl unter 50 x 109/L liegt.
Die Behandlungen sollten von einem Arzt oder Ärztin eingeleitet und überwacht werden, der bzw. die Erfahrung in der Diagnose und Therapie der jeweiligen Erkrankung hat.
Wirksamkeit
Die Wirksamkeit von Ayvakyt gegen GIST mit der spezifischen PDGFRA-D842V-Mutation wurde in der NAVIGATOR-Studie untersucht, einer Studie ohne Kontrolltherapie. Bei den untersuchten Patientinnen und Patienten wurde eine objektive Ansprechrate (ORR)[5] von 92,9 % erzielt. Zudem wurde die Wirkung von Ayvakyt gegen AdvSM in der PATHFINDER-Studie untersucht. Bei Patientinnen und Patienten, die mindestens eine vorherige Therapie erhalten hatten, betrug die objektive Ansprechrate (ORR) 51,1 %. Diese Studien bestätigen, dass Ayvakyt die Krankheitslast bei diesen seltenen Krebsarten reduzieren kann.
[5] Objektive Ansprechrate (ORR): Die objektive Ansprechrate beschreibt den Anteil der Patientinnen und Patienten mit klinisch relevanter Reduktion der Tumorgrösse
Vorsichtsmassnahmen, unerwünschte Wirkungen & Risiken
Ayvakyt darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe nicht angewendet werden. Das Arzneimittel kann das Risiko für schwerwiegende Reaktionen wie Magen-, Darm- und Hirnblutungen erhöhen.
Die häufigsten unerwünschten Reaktionen jeglichen Grades während der Behandlung von inoperablem oder metastasiertem GIST mit Ayvakyt waren Anämie (Blutarmut) (54 %), Übelkeit (48 %), Müdigkeit (45 %), Durchfall (33 %), periorbitales Ödem (Schwellung in der Augenpartie) (32 %), Erbrechen (28 %), Gesichtsödem (Schwellung im Gesicht) (28 %), erhöhtes Bilirubin[6] im Blut (28 %), verminderter Appetit (27 %), peripheres Ödem (Schwellung an Händen, Füssen, Beinen oder anderen Gliedmassen) (26 %), erhöhter Tränenfluss (22 %) und Bauchschmerzen (22 %).
Die häufigsten unerwünschten Reaktionen jeglichen Grades während der Behandlung von AdvSM mit Ayvakyt waren peripheres Ödem (43 %), Anämie (40 %), periorbitales Ödem (40 %), Thrombozytopenie (Blutplättchenarmut) (40 %), Durchfall (28 %) und Übelkeit (24 %).
Falls Symptome auftreten, die auf ernsthafte Nebenwirkungen hindeuten, wie starke Kopfschmerzen, Sehstörungen oder Verwirrtheit, sollte die Behandlung umgehend abgebrochen und sofort ein Arzt oder eine Ärztin konsultiert werden.
Alle Vorsichtsmassnahmen, Risiken und weitere mögliche unerwünschte Wirkungen sind in der Patientinnen- und Patienteninformation (Packungsbeilage) sowie in der Fachinformation aufgeführt.
[6] Bilirubin: Ein gelber Stoff, der beim Abbau alter Blutkörperchen entsteht. Zu viel Bilirubin kann die Haut und Augen gelblich färben (Gelbsucht).
Begründung des Zulassungsentscheids
Für Patientinnen und Patienten mit bestimmten Formen des gastrointestinalen Stromatumors (GIST) und der fortgeschrittenen systemischen Mastozytose (AdvSM) gibt es nur begrenzte Behandlungsoptionen. Die Studien zeigten, dass Ayvakyt betroffenen Patientinnen und Patienten eine vielversprechende Möglichkeit bietet, den Krankheitsfortschritt zu bremsen.
Unter Berücksichtigung aller Risiken und Vorsichtsmassnahmen und aufgrund der vorliegenden Daten überwiegen die Vorteile von Ayvakyt die Risiken. Swissmedic hat daher das Arzneimittel Ayvakyt mit dem Wirkstoff Avapritinib für die Schweiz zugelassen.
Weitere Informationen zum Arzneimittel
Information für medizinisches Fachpersonal:
Information für Patientinnen und Patienten (Packungsbeilage):
Weitere Fragen beantworten Gesundheitsfachpersonen.
Der Stand dieser Information entspricht demjenigen des SwissPAR. Neue Erkenntnisse über das zugelassene Arzneimittel fliessen nicht in den Kurzbericht Arzneimittelzulassung ein.
In der Schweiz zugelassene Arzneimittel werden von Swissmedic überwacht. Bei neu festgestellten unerwünschten Arzneimittelwirkungen oder anderen sicherheitsrelevanten Signalen leitet Swissmedic die notwendigen Massnahmen ein. Neue Erkenntnisse, welche die Qualität, die Wirksamkeit oder die Sicherheit dieses Medikaments beeinträchtigen könnten, werden von Swissmedic erfasst und publiziert. Bei Bedarf wird die Arzneimittelinformation angepasst.