Häufige Patientenfragen zu Medizinprodukten


1. Was ist ein Medizinprodukt

a. Ein Medizinprodukt ist – etwas vereinfacht gesagt – alles, was medizinisch eingesetzt wird (medizinische Zweckbestimmung),  jedoch kein Medikament ist. Medizinprodukte sind Produkte, einschliesslich Instrumente, Apparate, Software und andere Gegenstände oder Stoffe, die für die medizinische Verwendung am Menschen bestimmt sind. Beispiele von Medizinprodukten sind künstliche Gelenke (Implantate), Rollstühle, Herzschrittmacher, Blutdruckmessgeräte, Röntgengeräte, Hörgeräte oder Kontaktlinsen. Die gesetzlichen Anforderungen für diese Produkte sind in der Medizinprodukteverordnung (MepV, SR 812.213) festgelegt.

b. Eine besondere Gruppe von Medizinprodukten sind In-vitro-Diagnostika. Sie dienen der Untersuchung von Proben, die aus dem menschlichen Körper stammen (zum Beispiel Urin oder Blut). Beispiele von In-vitro-Diagnostika sind der Trisomie-, Schwangerschafts- oder HIV-Test. Die gesetzlichen Anforderungen für diese Produkte sind in der Verordnung über In-vitro-Diagnostika (IvDV, SR 812.219) festgelegt.

c. Es gibt auch einige Produktgruppen ohne medizinische Zweckbestimmung, dazu zählen zum Beispiel farbige Kontaktlinsen ohne Sehkorrektur, Hyaluronsäure zur Faltenbehandlung, Kryolipolyse-Geräte zur Verminderung von Körperfett oder Laser zur Haarentfernung. Eine genauere Definition, welche Produkte unter diese Kategorie fallen, findet man im Anhang I der MepV.

2. Was ist ein schwerwiegendes Vorkommnis?

So, wie Medikamente Nebenwirkungen hervorrufen können, kann auch der Gebrauch von Medizinprodukten zu ungewollten Ereignissen oder Nebenwirkungen führen.
Laut dem Gesetz ist ein schwerwiegendes Vorkommnis ein Ereignis, welches im Zusammenhang mit einem Medizinprodukt steht und zum Tod oder zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes von Patienten, Anwendern oder Dritten führen kann oder hätte führen können. Dies kann zum Beispiel eine Fehlfunktion oder eine Verschlechterung der Eigenschaften oder Leistung eines Produktes beinhalten. Auch unerwünschte Nebenwirkungen oder bei In-vitro-Diagnostika ein Anstieg fehlerhafter Ergebnisse können schwerwiegende Vorkommnisse sein. Es ist dabei nicht wichtig, ob eine Person „Schuld“ an diesem Ereignis hatte.
Beispiele:

  • Vorzeitige Revision eines Hüftimplantates aufgrund von z.B. Lockerung, Bruch des Schaftes
  • Bruch der Bremse eines Rollators trotz regelmässiger Wartung
  • Abreissen eines Schlauches eines Infusionssets ohne erkennbare Krafteinwirkung auf die abgerissene Stelle, wobei mit schwerwiegenden Folgen für den Patienten oder die Patientin zu rechnen ist.
  • Falsches Test-Ergebnis bei einem In-vitro-Diagnostikum, das zu unnötigen Behandlungen oder nicht-entdecken eines kritischen Zustandes führt.

3. Was ist Vigilance und was ist die Rolle von Swissmedic?

Swissmedic als schweizerische Überwachungsbehörde für Heilmittel sammelt Meldungen von schwerwiegenden Vorkommnissen mit Medizinprodukten, die in der Schweiz stattgefunden haben, systematisch und wertet sie aus.

Ziel dieses Meldewesens ist es, die Gesundheit der Patienten und Anwender zu schützen. Insbesondere sollen Wiederholungen von Zwischenfällen vermieden werden, die auf Probleme mit der Auslegung, Herstellung oder Anwendung von Medizinprodukten beruhen.

4. Wer ist verantwortlich für die Meldung eines schwerwiegenden Vorkommnisses mit einem Medizinprodukt?

Schwerwiegende Vorkommnisse mit einem Medizinprodukt, welche in der Schweiz aufgetreten sind, müssen nach dem Gesetz sowohl durch die Fachperson als auch durch den Hersteller an Swissmedic gemeldet werden. Schwerwiegende Vorkommnisse, welche in einem anderen Land aufgetreten sind, müssen an die zuständige Behörde des betroffenen Staates gemeldet werden.
Als Patient oder Patientin haben sie selbst auch die Möglichkeit, ein schwerwiegendes Vorkommnis zu melden, sie sollten diese Meldung jedoch, wenn immer möglich, mit Ihrem behandelnden Arzt besprechen, um zu klären ob dieser schon eine Meldung an Swissmedic erstattet hat.

5. An wen wende ich mich, wenn ich ein Problem mit einem Medizinprodukt habe?

a. Bitte wenden Sie sich zuerst immer an Ihren behandelnden Arzt oder holen Sie sich im Zweifelsfall eine Zweitmeinung bei einem weiteren Arzt Ihres Vertrauens ein. Dieser kann mit Ihnen das weitere Vorgehen besprechen. Fachpersonen sind gesetzlich verpflichtet, schwerwiegende Vorkommnisse an Swissmedic zu melden.

b. Falls Sie Zweifel haben, ob Ihr Vorkommnis durch Ihren Arzt an Swissmedic gemeldet wurde, fragen Sie bitte zuerst Ihren behandelnden Arzt. Im Zweifelsfall können Sie auch selbst eine Meldung an Swissmedic erstatten.

c. Des Weiteren sollten Sie auch den Hersteller über Probleme mit Ihrem Medizinprodukt informieren.

6. Wie melde ich ein schwerwiegendes Vorkommnis?

a. Für Patienten existiert kein spezifisches Formular. Sie können Ihre Meldung als E-Mail an materiovigilance@swissmedic.ch senden.

b. Eine Meldung an Swissmedic muss mindestens die Angaben zum Hersteller und zum Medizinprodukt beinhalten. Für eine umfassende Analyse des schwerwiegenden Vorkommnisses benötigen Swissmedic und der Hersteller folgende Informationen (wann immer möglich):

  • Name des Herstellers
  • Handelsname des Produktes
  • Katalog-/Modellnummer und Los-/Seriennummer des Produktes
  • Datum und kurze Beschreibung des schwerwiegenden Vorkommnisses
  • Name des Spitals in dem Sie behandelt wurden (falls zutreffend)

Bei Implantaten finden Sie diese Informationen in der Regel auf dem Implantationsausweis, den Ihnen der Arzt abgibt. Bei Produkten, die sie selber anwenden (Katheter, Insulinpumpen, etc.) sind diese Informationen auf der Verpackung oder auf dem Produkt zu finden.

7. Wieso sind Meldungen von schwerwiegenden Vorkommnissen wichtig?

a. Um die Sicherheit von Medizinprodukten überwachen zu können, ist es notwendig für den Hersteller und die überwachenden Behörden, rechtzeitig über alle schwerwiegenden Vorkommnisse informiert zu werden.

b. Nur aufgrund von Meldungen ist es möglich, bestimmte Fehlfunktionen zu erkennen und ein mögliches weiteres Auftreten zu verhindern.

c. Bei jeder Meldung werden statistische Risikoanalysen durchgeführt, um mögliche Trends oder Verschlechterungen der Produktfunktion zu erkennen.

8. Was erfahre ich als Patient, wenn ich Swissmedic eine Meldung erstattet habe?

a. Wir werden Ihnen den Eingang Ihrer Meldung bestätigen und Ihrem Fall eine Fallnummer zuordnen.

b. Bitte beachten Sie, dass ein schwerwiegendes Vorkommnis nicht zwangsläufig dazu führen muss, dass ein Produkt vom Markt genommen wird oder ersetzt werden muss.

c. Wir dürfen Ihnen aufgrund des Datenschutzes und der Schweigepflicht keine Auskunft erteilen über Informationen, die wir zur Untersuchung dieses Falles vom Hersteller verlangt haben. (siehe dazu auch den 4. Abschnitt des Heilmittelgesetzes (HMG, SR 812.21)

9. Wie kann ich mich über ein Medizinprodukt informieren?

a. Fragen Sie als erstes Ihren Arzt um Rat

b. Bei implantierten Produkten wird Ihnen nebst dem Implantationsausweis Informationen zum Produkt zur Verfügung gestellt.

10. Produkthaftung – an wen kann ich mich wenden?

a. Bitte beachten Sie, dass die Produkthaftpflicht und deren Verjährung nicht in den Aufgabenbereich von Swissmedic fällt und wir demzufolge keine Auskünfte über diese erteilen können. Wir können Sie jedoch darauf hinweisen, dass generelle Informationen zu der Produkthaftpflicht und Verjährung nicht in der Medizinprodukteverordung (MepV), der Verordnung über In-vitro-Diagnostika (IvDV) oder im Heilmittelgesetz (HMG) zu finden sind, sondern in folgenden Gesetzestexten:

b. Wir empfehlen Ihnen, sich diesbezüglich den Rat eines Anwaltes oder einer Patientenschutzorganisation zu holen.

11. Wer entscheidet, ob mein Arzt einen Fehler gemacht hat?

Swissmedic ist für diese Abklärungen nicht zuständig. Die gesetzliche Aufgabe von Swissmedic ist die Überwachung der Produktsicherheit. Wir empfehlen Ihnen, sich diesbezüglich den Rat eines Anwaltes oder einer Patientenschutzorganisation zu holen.

12. Was geschieht mit einer Meldung?

a. Zuerst analysiert Swissmedic jede Meldung, z.B. nach (Aufzählung nicht abschliessend):

  • Was ist passiert?
  • Was ist die Ursache?
  • Wie hoch ist das Risiko, dass sich dieses schwerwiegende Vorkommnis wiederholt?
  • Welche Risiken gehen von der allfälligen Fehlfunktion des Medizinproduktes aus?

b. Neben der fallspezifischen Analyse überwacht Swissmedic, ob der Hersteller allfällig notwendige Massnahmen trifft, um sicherzustellen, dass die Sicherheit des Produktes konstant den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst ist. Zur Beurteilung der Wirkung von Massnahmen werden alle Meldungen zu einzelnen Fällen analysiert und ausgewertet.

c. Die Verfolgung von Einzelfällen dient dazu, Trends zu erkennen und im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Nutzen und Risiko im Rahmen der Kollektivinteressen beurteilen zu können.

d. Eine Meldung muss nicht zwingend zu einem Rückruf oder ähnlichem führen. Ein Einzelfall führt nur selten direkt zu einem Rückruf, Änderung etc. eines Produktes. Dies wird meistens erst die Folge einer gewissen Menge von Ereignissen, oder eines Trends sein.

 

13. Was passiert mit meinem Medizinprodukt?

Der Hersteller muss die Ursachen für das schwerwiegende Vorkommnis abklären. Um die Ursachen eines Problems feststellen zu können, müssen das betroffene Produkt und allfällige Zubehörteile untersucht werden. Deshalb sollten Sie, wenn möglich, neben dem betroffenen Produkt auch alle Zubehörteile und die Verpackungen aufbewahren. Die Untersuchung wird in der Regel durch den Hersteller durchgeführt. Dieser verfügt über die notwendigen Kenntnisse, Methoden und Geräte, um diese Analysen rasch durchzuführen. Sobald der Hersteller oder Lieferant vom schwerwiegenden Vorkommnis Kenntnis hat, wird er Sie kontaktieren, um die Rückgabe des Produktes zu organisieren.

14. Wer bestimmt, welche Kosten für die Behandlung mit einem bestimmten Medizinprodukt von der Krankenkasse übernommen werden?

a. Swissmedic ist nicht dafür zuständig, die Kostenübernahme zu definieren

b. Informationen dazu finden Sie beim BAG (Bundesamt für Gesundheit).

c. Eine Übersicht über die Übernahme der Kosten bestimmter Medizinprodukte finden Sie in der Mittel- und Gegenstände-Liste (MiGeL).