
Klinische Studien
Swissmedic vereinfacht Abläufe und senkt Hürden
Wer Horizon Scanning hört, denkt an einen Späher, der vom Bug eines Schiffs mit dem Fernglas nach Eisbergen oder unentdeckten Inseln sucht. Daniel Hürlimann würde sich zwar auf einem Schiff wohlfühlen, wie er lachend sagt, doch meist sitzt er am Computer. «Mein virtuelles Fernglas habe ich aber stets im Einsatz.» Seine Aufgabe: Veränderungen, Trends, Innovationen, Chancen und Risiken frühzeitig identifizieren, damit Swissmedic rechtzeitig reagieren kann. «Es geht darum, unser Institut zukunftsfähig aufzustellen», betont der 44-Jährige.
Horizon Scanning ist eine Methode, die hilft, die Zukunft greifbarer zu machen. Seit 2016 nutzt Swissmedic sie systematisch. Daniel Hürlimann koordiniert die Arbeit und wird von einer Fachgruppe unterstützt, die alle Bereiche des Instituts einbindet. Gemeinsam beobachten sie fünf wesentliche Dimensionen: Welche regulatorischen, wissenschaftlich-technologischen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen könnten Swissmedic dereinst beeinflussen?
Daniel Hürlimann durchforstet Quellen, liest Berichte und Studien, verfolgt die Arbeit internationaler Partnerbehörden, spricht mit Forschenden und Marktakteuren. Besonders schätzt er Hinweise von Kolleginnen und Kollegen, die auf Kongressen Trends erkennen. Taucht eine Innovation auf, bewertet er sie mit der Fachgruppe nach festen Kriterien: Muss Swissmedic regulatorisch aktiv werden? Sind die internen Prozesse darauf vorbereitet? Verfügt die Behörde über das nötige Know-how? «Wenn wir bei einem dieser Punkte Handlungsbedarf sehen, stufen wir die Entwicklung als relevant ein und reagieren proaktiv», erklärt Daniel Hürlimann.
Wie das der Bevölkerung nützt, zeigt er am Beispiel der Arzneimittelproduktion. Um Zeit zu sparen, setzen Pharmaunternehmen zunehmend auf kontinuierliche Fertigung statt auf die Herstellung einzelner Chargen. Swissmedic reagierte mit einer Leitlinie, um sicherzustellen, dass Qualitäts- und Sicherheitsstandards, insbesondere die Rückverfolgbarkeit bei Produktionsfehlern, gewahrt bleiben. Auch die Reform des Arzneimittelrechts in der EU nahm Daniel Hürlimann früh ins Blickfeld. Obwohl sie erst in einigen Jahren in Kraft tritt, will Swissmedic vorbereitet sein – etwa, falls kürzere Zulassungszeiten in der EU die Attraktivität des Standorts Schweiz mindern könnten.
«Ich suche nach Dingen, von denen ich nicht weiss, dass sie existieren.»
Doch so gründlich auch vorausgeschaut wird, es bleiben Grenzen. Nicht alles lässt sich antizipieren. «Künstliche Intelligenz zum Beispiel habe ich zwar schon lange auf dem Radar, doch die rasante Entwicklung grosser Sprachmodelle hat mich überrascht», sagt Daniel Hürlimann. Solche KI nutzt Swissmedic etwa, um illegale Arzneimittel zu finden. Der Mann mit dem Weitblick hat Molekularbiologie studiert, in der Industrie gearbeitet und sich in Zukunftsforschung weitergebildet.
«Ich suche nach Dingen, von denen ich nicht weiss, dass sie existieren», beschreibt er seine Arbeit. Das sei spannend, lehrreich, manchmal frustrierend. Umso mehr freut er sich, wenn er «eine echte Perle» entdeckt. Bisher blieben Ergebnisse des Horizon Scanning intern. Neu publiziert Swissmedic Ergebnisse in Form eines Newsletters online – eine Einladung zum Dialog.