
Horizon Scanning
Daniel Hürlimann, der Mann mit Weitsicht
Insgesamt rund 350 Anträge für neue Arzneimittel gingen im Jahr 2024 bei Swissmedic ein. Dies geschieht jeweils leise und fast unbemerkt: Eine Pharmafirma lädt ihre Dokumente elektronisch aufs Portal von Swissmedic, um sie zur Prüfung freizugeben. Teams mehrerer Abteilungen arbeiten anschliessend teilweise über Monate hinweg daran. Papierstapel auf den Schreibtischen und in den Gängen findet man heute keine mehr.
Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass ein Arzneimittelgesuch im Lastwagen bei Swissmedic einging. Diese konnten bis zum Dach mit Papier gefüllt sein. «Pro Gesuch wurden bis zu 1500 Bundesordner voller Forschungsergebnisse, Belege und Formulare eingereicht», erinnert sich Urs Niggli, Leiter der Abteilung Operational Support Service. Sein Team ist unter anderem für die Abwicklung des Postverkehrs zwischen den Gesuchstellerinnen und Swissmedic zuständig. Und für die gesamte Aktenführung und -bewirtschaftung. Also für alle Dokumente, die sich rund um Zulassungen, Bewilligungen und die Marktüberwachung von Arzneimitteln anhäufen. Heute als Daten, damals in Form von Papier.
«Kam vor 15 Jahren ein Zulassungsgesuch per Lastwagen an, galt es, die Unmengen von Papier möglichst zeitnah zu sichten und – per Gesetz – auf ewig aufzubewahren», erzählt Urs Niggli. Bis zu sechs Mitarbeitende der Dokumentenbewirtschaftung packten jeweils die Kisten voller Ordner aus, erfassten sie im System und brachten je eine Kopie jedes Dokuments ins Archiv in Zollikofen. Mit einer perfekten «Wägeli-Logistik» sorgten sie dafür, dass die Prüferinnen und Begutachter von Swissmedic die jeweils erforderlichen Dokumente erhielten. «Diesen Aufwand kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen», sagt Urs Niggli. Denn seit Swissmedic im Jahr 2014 die Digitalisierung der Prozesse ins Rollen brachte, lösten digitale Tools das Papier fast vollständig ab.
Die Transformation habe auch positive Folgen für die Zulassungsprozesse, sagt Urs Niggli: «Heute ist es dank Digitalisierung selbstverständlich, dass die Akten für alle Teams gleichzeitig zugänglich sind – ohne dass stapelweise Bundesordner in zeitraubender Handarbeit durchs ganze Haus getragen und verteilt werden müssen.» Heute seien alle Prozesse effizient und transparent – es besteht ein digitales Portal, das es Firmen erlaubt, jederzeit zu wissen, an welchem Punkt ihr Zulassungsgesuch gerade steht.
«Vor 15 Jahren kam ein Zulassungsgesuch mit Unmengen von Papier per Lastwagen bei Swissmedic an.»
Heute ist das Archiv in Zollikofen ein Relikt aus der Vergangenheit: 29 Kilometer Papier lagert Swissmedic hier – das sind zwei Kilometer mehr als im Berner Staatsarchiv. Der Aktenzuwachs ist nach der Digitalisierung nur noch gering. Auch der «Wägeli-Dienst» wurde im Jahr 2016 eingestellt. Die administrativen Akten zu Arzneimitteln, die heute auf dem Schweizer Markt erhältlich sind – insgesamt 1,5 Kilometer Akten –, sind mittlerweile digitalisiert.
Ob die Digitalisierung tatsächlich auch ökologisch nachhaltig war, bezweifelt Niggli. Denn die Datenbewirtschaftung verbrauche viel Energie.