Icon

Das Team Spitalinspektionen gibt Auskunft «Hygienevorgaben einzuhalten, ist wichtig: Schliesslich hängen Menschenleben davon ab»

Wer sich in der Schweiz in ein Spital begibt, vertraut ­darauf, dass bei Medizinprodukten punkto Hygiene ­strenge Standards eingehalten werden. Vertrauen ist gut – ­Kontrolle ist besser: Darum führt Swissmedic regel­mässig Spitalinspektionen durch. Zu oft stellt das Team dabei ­gravierende Mängel fest. ­Ein Einblick in die Arbeit des ­Inspektorenteams.

Ob Skalpell oder Schere, Endoskop oder Chirurgieroboter: Das sind nur vier von zahlreichen Medizinprodukten, die in Schweizer Spitälern ein­gesetzt werden. Wie werden sie gereinigt, desinfiziert, sterilisiert, aufbewahrt und instandgehalten? Nehmen die Spitäler ihre Verantwortung wahr – und erfüllen sie die gesetzlichen Anforderungen? Dies zu überwachen, ist ein gesetzlicher Auftrag von Swissmedic.

Ein Jahresbericht, der Schlagzeilen macht

Im Mai dieses Jahres veröffentlichte die von Janine Conde geleitete Abteilung «Medical Devices Operations and Hospitals» einen Bericht über die 2021 und 2022 durchgeführten Inspektionen in 35 Spitälern. Das Medienecho war gross, wobei von «Grüselzuständen» oder «Note ungenügend» die Rede war. Sind die Zustände in unseren Spitälern wirklich so schlecht? «Ich halte nichts von spektakulären Schlagzeilen», sagt Janine Conde. «Aber tatsächlich sind die Ergebnisse unserer Inspektionen ernüchternd. So erfüllt bei der Sterilisation und Instandhaltung kaum eines der inspizierten Spitäler die gesetzlichen Vorgaben – und das ist bedenklich. Es gibt einen hohen Verbesserungs- und Investitionsbedarf beim technischen Qualitätsmanagement, bei der Infrastruktur der Aufbereitungsabteilungen und bei der Aus- und Weiterbildung des dort eingesetzten Personals.»

Swissmedic inspiziert kleine Privatkliniken genauso wie Kantons-, Regional-, Zentrums- oder Universi­tätsspitäler. Ausgewählt wird nach einem mehrstufigen wissenschaftlichen Verfahren. Es werden auch Whistleblower-Meldungen berücksichtigt. Der Fokus der Inspektionen liegt auf der Instandhaltung, Aufbereitung und Vigilance von Medizinprodukten und auf dem dazugehörigen gesetzlich vorgeschriebenen Qualitätsmanagementsystem (QMS).

Teamarbeit als Erfolgsfaktor

Meist kündigt Swissmedic die Inspektion zwei bis vier Wochen zuvor an und fordert Dokumente rund um Qualitätsmanagement und Prozesse an. So lassen sich mutmassliche Schwachstellen schon im Vorfeld identifizieren. Beim Besuch im Spital begutachtet das Inspektorenteam zu zweit Infrastruktur und Hygiene in den Aufbereitungseinheiten für Medizinprodukte (AEMP) und den medizintechnischen Abteilungen. Das elektronische System für die Instandhaltung und die Vigilance wird kontrolliert, zum Teil werden auch stichprobenartig einzelne Geräte überprüft. Zur Begutachtung der Qualifikation der Mitarbeitenden sieht Swissmedic Stellenbeschreibungen, Schulungspläne und -nachweise ein.

«Für diese facettenreiche Arbeit ist ein heterogen zusammengesetztes Team ein entscheidender Erfolgsfaktor», sagt Janine Conde. So haben die fünf Mitarbeitenden ihrer Abteilung verschiedenste berufliche Hintergründe aus den Bereichen Chemie, Biologie oder Mikrotechnik – und vielseitigste Sprachkenntnisse. «Wichtig ist vor allem aber, dass alle sich laufend austauschen, Anforderungen abgleichen und täglich neu dazulernen.»

Mehr Produktsicherheit spart dem ­Gesundheitssystem Kosten

Bei den Inspektionen der Jahre 2021 und 2022 stellte Swissmedic fest, dass häufig ein gelenktes, effektives Qualitätsmanagement mit angemessenen Massnahmen fehlte. In AEMP und in den Endoskopie-Abteilungen gab es Mängel in Bezug auf die Qualifikation des Personals. Auch die Räumlichkeiten entsprachen oft nicht den hygienischen Anforderungen. Bei der Instandhaltung gaben mangelhaft geregelte Verantwortlichkeiten mit externen Dienstleistern Anlass zur Kritik. Im Bereich der Vigilance sind die Mitarbeitenden vielfach unzureichend dafür sensibilisiert, schwerwiegende Vorkommnisse mit Medizinprodukten zu melden.

«Diese festgestellten Abweichungen wirken sich auf die Sicherheit der Medizinprodukte und damit der Patientinnen und Patienten aus», sagt Janine Conde. «Hygienevorgaben einzuhalten, das ist nicht ‹pingelig›, sondern wichtig: Menschenleben hängen davon ab.»

Es sei daher unabdingbar, dass die Spitäler bei der Instandhaltung, der Aufbereitung und der Vigilance von Medizinprodukten Prozesse mit kontinuierlichen Verbesserungsmassnahmen einleiteten. Auch wenn diese mit Investitionen verbunden seien. «Kommt es durch korrektes Handeln zu weniger Infektionen und Folgebehandlungen, ersparen die Spitäler langfristig so dem Gesundheitswesen Kosten – und den Patientinnen und Patienten Leid und inakzeptable Risiken.»

Sveva Crivelli
Sveva Crivelli, Inspektorin, Mikrotechnikingenieurin

«Mir gefällt die Komplexität, die Gesamtsituation in einem Spital objektiv und schnell zu beurteilen. Vor allem aber schätze ich auch den wohlwollenden, konstruktiven, anregenden und abwechslungsreichen Austausch mit Menschen aus unterschiedlichsten Berufen. Trotz des Drucks, den die Mitarbeitenden der Spitäler verspüren können, bevor sie uns empfangen, erhalten wir am Ende des Inspektionstages in der Regel sehr positive Rückmeldungen.»

Rafael Moreno
Rafael Moreno, Senior-Inspektor, Biologe

«Als ich 2015 zu Swissmedic kam, waren die Spitalinspektionen in Bezug auf die Medizinprodukte noch im Aufbau und wurden nebenamtlich durchgeführt. Wir waren etwas belächelte Exoten; der Fokus von Swissmedic lag damals auf den Arzneimitteln. Wenn ich auf die vergangenen acht – teilweise turbulenten und herausfordernden – Jahre zurückblicke, bin ich stolz auf das in dieser Zeit Erreichte und dankbar, dass die Spitalinspektionen heute sowohl innerhalb als auch ausserhalb von Swissmedic die ihnen gebührende Sichtbarkeit, Bedeutung und Stellung haben.»

Frédérique Scherrer
Frédérique Scherrer, Inspektorin, Chemieingenieurin

«Wir alle haben unterschiedliche Hintergründe und Erfahrung, und das Team ist die Summe davon! Einige sind bestens vertraut mit der Herstellung und dem Inverkehrbringen von Medizinprodukten oder Medikamenten, andere haben den Alltag in Spitälern erlebt, bei klinischen Studien oder der Zertifizierung von Aufbereitungsabteilungen. Dies führt zu tiefgehenden, spannenden Diskussionen über die Inspektionsthemen. Da lernt jeder von uns – und die Spitäler profitieren auch davon.»

Ayah Khubieh
Ayah Khubieh, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Biowissenschaftlerin

«Ich finde in meiner Arbeit sehr viel Sinn. Unsere Auf­gabe ist wichtig und schwierig, da wir sicherstellen müssen, dass die Spitäler die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Wir begleiten die Spitäler bei der Einhaltung der Vorschriften und erstellen unterstützende Dokumente. Ich schätze den wohlwollenden Ansatz unseres Inspektionsteams sehr. Und auch, dass alle sich dafür engagieren, unsere Inspektionen stetig zu verbessern.»