Vorgestellt
Wir schauen genau hin Inspektionen – sichere Heilmittel dank verschärfter Überwachung
Hersteller von Medikamenten müssen bei der Produktion strengste Sicherheitsvorschriften einhalten. Damit es gar nicht erst zu Qualitätsmängeln wie etwa Verunreinigungen oder Kontaminationen kommt, hat Swissmedic die Überwachung in der Schweiz – und neu auch im Ausland – intensiviert.
Wer täglich seine Arzneimittel schluckt, ist dankbar, dass es Wirkstoffe gibt, die seine Beschwerden lindern. Wir machen uns keine Gedanken darüber, wie Tabletten, Sirups, Sprays, Cremen oder Injektionen genau wirken, woraus sie bestehen oder wie sie hergestellt werden. Wir verlassen uns darauf, dass sie uns helfen – und dass sie sicher sind. Das ist gut so. Denn tatsächlich sind die Medikamente, die in der Schweiz verkauft werden, sehr sicher. Damit dies so bleibt, beschäftigen Swissmedic sowie die regionalen Heilmittelinspektorate 41 Inspektorinnen und Inspektoren. Ihre Aufgabe ist es, die korrekte Herstellung und den Vertrieb jedes in der Schweiz hergestellten oder vertriebenen Wirkstoffes und Medikaments zu überprüfen und deren Produktion streng zu überwachen.
Einzelne Medikamente bestehen aus nur einem Wirkstoff. Andere vereinen gleich mehrere. Sie lähmen Schmerzrezeptoren, regulieren Botenstoffe im Gehirn oder sorgen dafür, dass Tumore schrumpfen. «Diese potenten Wirkstoffe bergen ein beträchtliches gesundheitliches Gefahrenpotenzial, sollten sie fehlerhaft hergestellt, dosiert oder gar verunreinigt werden», sagt Federico Cimini, Leiter der Swissmedic-Abteilung «Inspektorate und Bewilligungen». Umso wichtiger sei es, dass Swissmedic Firmen mit entsprechender Bewilligung intensiv überwache. Im Jahr 2022 verschärfte die Behörde die Inspektionen mit einem zusätzlichen Warnsystem, dem sogenannten «Compliance Management»-Prozess, den auch die EU kennt.
«Das eingeleitete Verfahren wirkt wie ein Weckruf.»
Jedes Detail kommt unter die Lupe
Routine-Inspektionen in Schweizer Pharmaunternehmen führen – je nach Produkt – auch die vier regionalen Inspektorate durch: Sie kontrollieren alle vier Jahre jede einzelne Firma, die in der Schweiz Arzneimittel vertreibt. Wer Wirkstoffe, Zwischen- oder Fertigprodukte herstellt, wird sogar jedes zweite Jahr geprüft. Ist alles im grünen Bereich, bleibt der Hersteller «compliant». Stellt das zuständige Inspektorat jedoch wiederholt Mängel fest, und werden diese trotz Zusicherung der Firma nicht mit einem Massnahmenplan behoben, gilt sie fortan als «bedingt compliant». Sie wird verwarnt – oder der Missstand wird öffentlich gemacht. Dies, sofern die Mängel keine sofortige Sistierung oder einen Widerruf der Bewilligung erfordern.
Grundsätzlich ist das Pharmaunternehmen, das ein Medikament auf den Markt bringt, dafür verantwortlich, dass jeder einzelne Wirkstoff sicher ist und nach den Regeln der guten Herstellpraxis (Good Manufacturing Practice, GMP) hergestellt wird und dass es während der Produktion und der Distribution zu keinen Verunreinigungen oder Kontaminationen mit anderen Substanzen kommt. Die Inspektorinnen und Inspektoren nehmen im Fall eines konkreten Verdachts vor Ort Proben von Produktionsanlagen und testen sie im hochmodernen Swissmedic-Labor an der Freiburgstrasse in Bern. Sie suchen etwa Spuren von Wirkstoffen, die nicht in ein Arzneimittel gehören, sondern von Medikamenten stammen, die zuvor auf der gleichen Anlage verarbeitet worden sind. Sie prüfen, ob Lösungsmittel so destilliert und Arbeitsinstrumente so gereinigt sind, dass die Qualität der Arzneimittel nicht beeinträchtigt wird. Sie kontrollieren auch, ob genügend fachkundiges und für die jeweiligen Aufgaben ausgebildetes Personal zur Verfügung steht. Ob die Mitarbeitenden die im Qualitätssicherungssystem festgelegten Prozesse – beispielsweise Hygienevorschriften – tatsächlich befolgen. Oder ob die Anlagen dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen.
Gelbe Karte für Firmen mit wiederholten Mängeln
Arzneimittelhersteller, die unter «Compliance Management» gestellt werden, stehen massiv unter Druck. Das eingeleitete Verfahren wirke wie ein Weckruf, sagt Susanne Wings, Inspektorin bei Swissmedic: «Der Verwaltungsrat realisiert oft erst dann, dass es brenzlig wird und er beispielsweise gezwungen ist, das Geld für längst fällige Investitionen in die Produktionsanlagen zu sprechen.» Meldet die Firma, dass die Mängel behoben sind, überprüft Swissmedic dies vor Ort in einer Nachinspektion. «Andernfalls gilt die Firma als ‹non compliant›, und wir müssen die Bewilligung sistieren und die Arzneimittel zurückrufen.»
Das Ziel von Swissmedic sei es, zu verhindern, dass eine bereits verwarnte Firma weiter in die «Non Compliance» abrutsche und ihr deswegen der Entzug der Bewilligung drohe, betont Susanne Wings. Dank des «Compliance Management»-Prozesses erfahre auch das Management einer Firma früher von allfälligen Mängeln in der Produktion oder von Schwächen im Qualitätssicherungssystem. «Sie können also noch rechtzeitig Ressourcen bereitstellen, um das Steuer herumzureissen.»
Trotz der Verschärfung durch das neue System sieht Federico Cimini auch Chancen für die betroffenen Firmen. Und ebenso für den Schweizer Arzneimittelmarkt. Denn Swissmedic wolle die Versorgung in der Schweiz keinesfalls gefährden: «Es ist nicht in unserem Interesse, einem Arzneimittelhersteller die Bewilligung zu entziehen aufgrund von Mängeln, die behoben werden könnten. Schon gar nicht, wenn er wichtige Substanzen herstellt.»



Inspektionen neu auch im Ausland
Als zusätzliche Qualitätssicherung hat Swissmedic im vergangenen Jahr ein Inspektionsprogramm im Ausland begonnen. Die Schweiz zieht auch mit diesem Schritt anderen Industrieländern nach. Im Fokus stehen dabei Produzenten ohne GMP-Zertifikat, die in Ländern ohne gleichwertiges System zur Arzneimittelüberwachung entsprechende Produkte herstellen.
Seriöse Unternehmen unterstützten in der Regel die Überwachungsarbeit von Swissmedic, sagt Federico Cimini. Denn: Stellt sich heraus, dass eine Firma alle Sicherheits- und Qualitätsanforderungen einhält, stellt ihr Swissmedic nach der Inspektion das international anerkannte GMP-Zertifikat aus, eine wichtige Anerkennung in der Branche. «Wir stärken dadurch auch den internationalen Markt.»
Auch Swissmedic profitiert laut Federico Cimini vom neuen Programm: «Es bindet uns stärker in die internationale Qualitätssicherung der Medikamentenherstellung ein», sagt er. Die Inspektorate der verschiedenen Länder pflegten ein enges Netzwerk und unterstützten sich gegenseitig. «Immer mit dem gemeinsamen Ziel, die Sicherheit der Patientinnen und Patienten sicherzustellen.»
Internationales Zertifikat als Qualitätsstandard
«Auch Firmen im Ausland werden von lokalen oder staatlichen Behörden kontrolliert. Jedoch nicht überall nach den gleichen Standards», sagt Susanne Wings, Inspektorin bei Swissmedic. Die Schweiz kontrolliere deshalb im Ausland in erster Linie Betriebe, die über kein internationales Zertifikat einer Behörde mit gleichwertiger Überwachung verfügten. «Es ist unsere Aufgabe, diese Zulieferer selbst zu kontrollieren – nur so können wir die Sicherheit von Wirkstoffen und Medikamenten, die in die Schweiz eingeführt werden, gewährleisten.»
Firmen im Ausland, die über ein GMP-Zertifikat einer Partnerbehörde mit gleichwertigem System zur Arzneimittelüberwachung verfügen, überprüft Swissmedic in der Regel nicht, da dies bereits durch die Partnerbehörde geschehen ist. «Sollten wir trotzdem auf einen Mangel aufmerksam werden, wenden wir uns an die zuständige Inspektionsstelle», sagt Susanne Wings. Auch in den sogenannten «PIC/S-Mitgliedsländern» inspiziert Swissmedic in der Regel nicht selbst, weil deren Behörden bereits Inspektionen nach den internationalen GMP-Richtlinien durchführen. «Wir erhalten jedoch oft nicht zu allen Dokumenten Zugang», sagt Susanne Wings. Manchmal kämen auch Zweifel auf, dass die erfolgten Inspektionen detailliert genug waren, um Mängel aufzudecken. In diesen Fällen behalte sich Swissmedic eigene Inspektionen vor.
Die Kosten für die gesamte Inspektion durch Swissmedic inklusive der Reise trägt das Pharmaunternehmen, das in der Schweiz die Zulassung für ein Arzneimittel beantragt hat.