Joël Cachelin (JC): «Ich unterstütze Unternehmen in Zukunftsfragen. Es ist eine Mischung aus Beraten, Begleiten, Inspirieren und Referieren. Meine Arbeit hat vor allem mit Lesen und Schreiben zu tun. Ich untersuche Quellen, lese Interviews und betreibe Feldforschung. Dazu kommt die Arbeit mit den Medien und in den sozialen Medien.»
JC: «Welches ist Ihre Hauptvision für Swissmedic?»RB: «Wir wollen Swissmedic in den nächsten Jahren zu einer der fünf digital modernsten Heilmittelbehörden weltweit und so fit für die Zukunft machen. Gleichzeitig soll Swissmedic in der breiten Öffentlichkeit zu einem Synonym für schnellen Zugang zu sicheren und innovativen Heilmitteln und deren zuverlässige Überwachung während des ganzen Lebenszyklus werden. In der Politik und Wirtschaft schliesslich steht Swissmedic für Souveränität im Gesundheitssektor.»
RB: «Inwiefern kann man das Morgen überhaupt prognostizieren?»JC: «Im Detail eigentlich gar nicht. Es gibt zu viele technische, ökologische oder geopolitische Einflussfaktoren. Aber mein Ziel ist es nicht, die Zukunft vorauszusagen, sondern Gestaltungsspielräume aufzuzeigen. Dabei können wir erkennen, welche Spannungsfelder die Zukunft prägen. Zusätzlich prüfe ich auf historischen Grundlagen, welche Trends längst begonnen haben und welche weitergehen.»
JC: «Wie freie Hand haben Sie persönlich, um die Zukunft von Swissmedic zu gestalten?»RB: «Der Freiheitsgrad ist je nach Thema variabel. Es gibt gesetzliche Grundlagen, in denen der Auftrag für die nächsten fünf Jahre konstant und weitgehend definiert ist. Die Ausnahme bildet der Bereich Medizinprodukte: Hier brauchen wir in den nächsten Jahren neue rechtliche Grundlagen. Beim ‹Wie› kommen Strategie und Antizipation ins Spiel; dabei eröffnet sich einiges an Spielraum – vorausgesetzt man ist offen und mutig. Gute Beispiele sind unsere offene Kommunikationsstrategie, unsere zukunftsorientierte IT-Strategie sowie unser Mindset in Bezug auf die Digitalisierung. Fakt ist: Wir sind eine Behörde. Bei uns kommt immer zuerst die Mission und danach erst die Vision.»
RB: «Auf welchen Methoden stützen Sie Ihre Studien ab und wie zuverlässig sind Ihre Resultate?»JC: «Grundsätzlich nutze ich drei Quellen: Ich lese Bücher, ich nutze Science-Fiction als Inspiration und schliesslich stütze ich mich auf Gespräche und Beobachtungen in Unternehmen, mit denen ich mich austausche. Daraus ergibt sich meine eigene Gedankenwelt, in der ich mich bewege. Ich bin aber kein Zukunftsforscher, der voraussagt, was im Jahr 2070 passiert. Ich arbeite auch nicht quantitativ. Mir ist es wichtiger, dass mein Publikum sich neue Fragen stellt, als dass es die Wahrscheinlichkeit eines Trends kennt.»
JC: «Wie viele Jahre planen Sie bei Swissmedic zum Voraus?»RB: «Konkret sind es fünf Jahre. Allerdings versuchen wir gleichzeitig die Weichen für die Zeit darüber hinaus zu stellen und einen Grundstein für eine nachhaltige Entwicklung bis mindestens 2030 zu legen. Klar ist: Wir stehen vor einer Innovationsphase, die schätzungsweise bis 2026 dauert. Danach folgt höchstwahrscheinlich eine Konsolidierungsphase. Insgesamt ist und bleibt es aber dynamisch.»
RB: «Sie sind ja auch Trendforscher; wie erkennt man die Trends von morgen?»JC: «Ich sehe mich eher als Zukunftsforscher, der sich mit dem langfristigen Wandel auseinandersetzt. Bei den kurzfristigen Trends geht es mehr um Konsumgüter und Lifestyle. Wer diese erkennen will, geht zum Beispiel in die Grossstädte in Asien.»
«Wir wollen Swissmedic in den nächsten Jahren zu einer der fünf digital modernsten Heilmittelbehörden weltweit machen.»
Raimund Bruhin