Begleitet

Barbara Schütz und Christine Beerli «Wir wollen unabhängig bleiben und unsere Bekanntheit ausbauen.»

Sie hatten zum ersten Mal in den 1980er-Jahren miteinander zu tun. Später kreuzten sich ihre Wege wieder bei Swissmedic. Die ehemalige Institutsratspräsidentin und alt Ständerätin Christine Beerli sowie die heutige Leiterin Personal und Finanzen von Swissmedic Barbara Schütz beleuchten in einem gemeinsamen Gespräch die bewegten Jahre vom IKS-Übergang bis in die Swissmedic-Neuzeit.

Portrait
Portrait
Christine Beerli und Barbara Schütz im Gespräch – fotografiert in der Burgerbibliothek Bern
Welche persönlichen gemeinsamen Anknüpfungspunkte hatten Sie?

Barbara Schütz: «Ich war Ende der 1980er-Jahre als Jus-Studentin Protokollführerin der Verfassungskommission des Kantons Bern. Christine Beerli war Grossrätin und Vizepräsidentin dieser Kommission. Hier sind wir uns zum ersten Mal begegnet.»

Christine Beerli: «Da erinnere ich mich nur noch ansatzweise daran. Aber nach meinem Einstieg bei Swissmedic im Jahr 2006 hatten wir sehr viel miteinander zu tun – besonders als ich für ein paar Monate die operative Leitung übernahm.»


Frau Beerli, was ist Ihnen in Ihrer Zeit als Institutsratspräsidentin von Swissmedic am meisten geblieben?

CB: «Ich war im Auftrag des damaligen Gesundheitsministers Pascal Couchepin zunächst als Mediatorin im Kompetenzkonflikt zwischen der Swissmedic und dem BAG tätig und wurde später in den Institutsrat gewählt. Die Organisation und die Arbeitsabläufe waren anfangs unklar; der Einstieg war happig.»

BS: «Ich erinnere mich noch sehr gut: 2006 fand eine grosse Zäsur statt – fünf Direktionsmitglieder wurden entlassen. Auch wenn es mir persönlich sehr leidtat – erst dadurch konnten wir die Strukturen ändern; danach veränderte sich die Lage zum Positiven.»

CB: «Mein Mandat als Institutsratspräsidentin begann am 1. Januar 2006. Wir stellten rasch fest, dass die Zusammenführung der IKS und der Facheinheit Heilmittel des BAG nicht harmonisch verlaufen war. Die Prozesse stimmten nicht, wir konnten nicht effizient arbeiten. Dies führte zu harten Entscheiden mit personellen Konsequenzen. Die Neubesetzung der fünf Direktionsposten sowie die anschliessende Neustrukturierung waren dringend notwendig. Wir bauten die Informatik neu auf, optimierten die Prozesse und hielten die Fristen ein. Danach verstummten die Kritiken relativ rasch.»


Welches waren die grössten Herausforderungen?

CB: «Ich traf auf eine riesige Baustelle. Das Institut war andauernd in der Kritik, die Geschäfte liefen zu langsam und viel zu bürokratisch. Zudem herrschte eine schlechte Stimmung und die Informationspolitik war ungenügend. Wir mussten eine prozessorientierte Struktur aufbauen, die Abläufe vereinheitlichen und für jeden Posten die richtige Person finden. Das damals entwickelte Organigramm ist übrigens bis heute gültig.»


«Swissmedic ist eine klassische Expertenorganisation.»

Christine Beerli

Wie komplex ist es, eine Institution wie Swissmedic zu führen?

CB: «Swissmedic ist eine klassische Expertenorganisation. In einem solchen Betrieb lassen sich die Menschen schwerer in Strukturen einordnen – viele Swissmedic-Angestellte haben einen akademischen Hintergrund.»

Frau Schütz, Sie waren von allem Anfang an dabei – was hat sich in den Jahren seit der Gründung von Swissmedic alles verändert?

BS: «Sehr vieles. Das Einzige, was gleich blieb, ist unser Auftrag; nämlich für die Heilmittelsicherheit zu sorgen und damit zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier beizutragen. Was auffällt, ist, dass alles grösser und komplexer geworden ist: Die Organisation, die Aufgaben, der internationale Austausch und die Rechtsgrundlagen wurden mehrmals angepasst. Stark gewachsen ist der Medizinproduktebereich, der heute viel stärker behördlich überwacht wird. Auch die Erwartungen an Swissmedic haben von allen Seiten zugenommen.»


Wie hat sich Swissmedic aus Ihrer Sicht entwickelt?

BS: «Seit der Reorganisation 2006 fand ein positiver Entwicklungsprozess statt. Wir verfügen heute über ein grosses Know-how und arbeiten international eng zusammen. Seit zwei Jahren steht Swissmedic auch national viel mehr im Rampenlicht. Wir mussten deshalb vor allem in Bezug auf die Kommunikation viel aktiver werden.»

CB: «Die weltweite Erstzulassung des Pfizer-Impfstoffs in einem ordentlichen Verfahren im Dezember 2020 hat mich stark beeindruckt. Es zeigt, dass es Swissmedic auch unter Druck gelungen ist, anhand von wissenschaftlichen Erkenntnissen rasch zu entscheiden.»


Frau Beerli, welches war Ihr bisher eindrücklichstes Erlebnis?

CB: «Das war die Zeit nach der Restrukturierung, da entstand auf einmal ein extrem starker Zusammenhalt. Es ging nur noch um die Sache. Wir hatten eine wirklich schlagkräftige neue Direktion zusammengestellt. Es wuchs ein starkes Team heran, alle zogen am gleichen Strick.»

BS: «Du identifiziertest dich sehr stark mit der Organisation und nahmst während der Übergangsphase regelmässig an den Direktionssitzungen teil. Wir waren sehr dankbar, dass du dich so stark eingebracht und uns unterstützt hast.»


Frau Schütz, Sie waren damals bereits beim Prozess von der IKS zu Swissmedic mit dabei. Wie lief das damals genau ab?

BS: «Wir durchliefen ab 1995 eine lange Phase von der Vorbereitung des Gesetzesentwurfs bis zum Start der Swissmedic. Wir mussten die beiden Organisationen – die Interkantonale Kontrollstelle für Heilmittel und die Facheinheit Heilmittel des BAG – zusammenlegen und kulturell vereinen. Zeitlich war dies anspruchsvoll, weil der Start der neuen Organisation zuerst für 1999 und danach im Jahr 2000 vorgesehen war. Schliesslich verschob sich das Ganze nochmals um zwei Jahre. Eine grosse Herausforderung war auch die neue Rechtsgrundlage und die Tatsache, dass zahlreiche Ausführungsverordnungen zum Heilmittelgesetz zu Beginn noch fehlten.»


Besonders die Zusammenlegung der zehn Standorte war wohl eine spezielle Herausforderung, oder?

BS: «Das kann man sagen. Wenn wir eine gemeinsame Kultur entwickeln wollten, war es unumgänglich, die Standorte zu zentralisieren. Dies gelang erst ab 2005 mit dem Erwerb und Bezug des Hauptsitzes an der Hallerstrasse. Die Zusammenlegung der beiden Labore folgte noch später, mit dem Neubau an der Freiburgstrasse.»


Wie lief das damals mit der Namens- und Logofindung?

BS: «Der Prozess begann 2000 und zog sich über mehrere Monate hinweg. Wir organisierten insgesamt vier Workshops und zogen sowohl einen Kreativcoach als auch eine Grafikagentur bei. Zusammen kreierten wir unsere neue Wort- und Bildmarke. Der Name Swissmedic kam erst spät ins Spiel. Die Voraussetzung für die Namensfindung war, dass sich sowohl der Begriff Schweiz als auch die medizinische Komponente im Namen wiederfanden. Und dass er in allen Landessprachen verständlich war.»


Wir müssen sicherstellen, dass sich in unseren Fachgebieten genügend Menschen für Swissmedic interessieren. Barbara Schütz

Barbara Schütz

Schauen wir ein bisschen in die Zukunft: Wie soll es mit der Entwicklung von Swissmedic weitergehen? Wo liegen die grössten Potenziale und wie kann man sie ausschöpfen?

BS: «Eine grosse Herausforderung ist die Rekrutierung von ausgewiesenen Fachleuten. Wir müssen sicherstellen, dass sich in unseren Fachgebieten genügend Menschen für Swissmedic interessieren. Sowohl Spitäler als auch Forschungsinstitute oder die Pharmabranche buhlen um dieselben Expertinnen und Experten. Im Weiteren geht es um den Ausbau der internationalen Beziehungen. Wir werden uns künftig noch intensiver mit den ausländischen Behörden austauschen und mit ihnen gemeinsam Gesuche begutachten oder Markt­überwachungstätigkeiten abstimmen. Gleichzeitig müssen wir darauf achten, dass wir unabhängig bleiben und unsere Bekanntheit als nationale Heilmittelbehörde weiter ausbauen können.»

CB «Swissmedic war schon immer ein spannender Arbeitgeber und das soll so bleiben. Der Output ist heute enorm, die Anforderungen sind hoch. Ich finde auch, dass die Sinnhaftigkeit der Arbeit eine grosse Rolle spielt. Und rein wissenschaftlich ist Swissmedic ebenfalls eine hochattraktive Institution.»


Frau Beerli, was für einen Bezug haben Sie heute zu Swissmedic?

CB: «Ich bin weit weg, aber mit meinem Herzen immer noch voll dabei. Ich verfolge die neusten Entwicklungen und hatte grosse Freude, wie sich Swissmedic während der ganzen Corona-Pandemie entwickelte.»


Und was trauen Sie Swissmedic in Zukunft zu?

CB: «Ich denke, dass Swissmedic weiterhin eine wichtige Rolle spielt, wenn es um qualitativ hochstehende und wirksame Heilmittel geht. Ich glaube auch, dass mit dem Wachstum besonders einer auch international cleveren Arbeitsteilung eine besondere Bedeutung zukommen wird.»

BS: «Wir gehören heute zu den weltweit besten Heilmittelbehörden – und das soll auch weiterhin so bleiben.»


Portrait
Portrait