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Sicherheit im Fokus Klinische Studien und Inspektionen

Swissmedic begutachtet und bewilligt klinische Studien, bevor sie durchgeführt werden, und überwacht anschliessend die Durchführung und das Management dieser Forschungsprojekte. Visible nahm die Spur auf und kontaktierte Alexander Mion, den Abteilungsleiter der Abteilung Klinische Versuche (KLV). Dieser öffnete Tür und Tor – und führte uns zusammen mit seinen Mitarbeiterinnen Verena Gafner und Simone Ferbitz in die Welt der klinischen Versuche ein.

Simone Ferbitz
Simone Ferbitz, Mitarbeiterin Abteilung Klinische Versuche KLV
Simone Ferbitz, Mitarbeiterin Abteilung Klinische Versuche KLV
Simone Ferbitz, Mitarbeiterin Abteilung Klinische Versuche KLV
Alexander Mion
Alexander Mion, Abteilungsleiter Klinische Versuche KLV
Alexander Mion, Abteilungsleiter Klinische Versuche KLV
Alexander Mion, Abteilungsleiter Klinische Versuche KLV
Zuerst mal: Ankommen

Die Abteilung Klinische Versuche arbeitet an der Freiburgstrasse in Berns Westen. Die Grossraumbüros im dritten Stock sind momentan grösstenteils leergefegt. Doch für unser Gespräch hat Alexander Mion zwei Teammitglieder aufgeboten: Verena Gafner und Simone Ferbitz begleiten uns auf dem Rundgang und beim anschliessenden Interview. Gafner ist als Clinical Study Reviewerin tätig; das heisst, sie beurteilt und bewilligt klinische Studien mit Arzneimitteln. Ferbitz verantwortet, ob Sicherheit und Rechte der Studienteilnehmer sowie die Integrität der im Rahmen der klinischen Versuche erhobenen Daten gewährleistet sind.

Danach: die Fakten

Als Verantwortlicher der Abteilung Klinische Versuche bei Swissmedic führt Alexander Mion ein Team von 14 Frauen und zwei Männern aus zahlreichen Nationen wie unter anderem Kroatien, Holland, Sierra Leone, Spanien, Deutschland und vor allem der Schweiz. Was auffällt ist der hohe Frauenanteil. Ob Biochemikerin, Apotheker, Ärztin oder Fachassistenten – Alexander Mion sind vor allem Zusammenhalt und Kooperationswille im Team ein grosses Anliegen.

Nicht zu vergessen: Esprit

Gerade der persönliche Austausch ist etwas, was in Pandemiezeiten enorm leidet – sehr zum Bedauern von Alexander Mion, der grossen Wert auf den Team-Esprit legt. «Schlussendlich müssen wir den Spagat zwischen den allgemeinen Vorschriften, der Sicherheit und unseren persönlichen Vorstellungen von Zusammenarbeit schaffen», weiss der Verantwortliche KLV. Trotzdem ist er sehr bestrebt, das Gemeinschaftsgefühl hoch zu halten, die Teams zu integrieren und regelmässig über die laufenden Projekte zu informieren. «Letztlich ist das alles eine Frage der Haltung. Ich bin sehr froh, werde ich diesbezüglich von allen optimal unterstützt», zieht Mion trotz zurzeit schwieriger Rahmenbedingungen ein positives Fazit.

Noch etwas: Veränderungen

Mittlerweile sitzen wir dort, wo es mit Abstand am meisten Sinn macht: im Gemeinschaftsraum im vierten Stock – inklusive Blick in alle Himmelsrichtungen. Sofort bemerkt man die Hingabe und das Engagement, mit dem die drei Fachleute unterwegs sind. Alexander Mion verweist als Einstieg ins Gespräch auf die neusten Entwicklungen im Markt: «Wir befinden uns in einem hoch reglementierten Bereich. Zurzeit beschreiten wir aufgrund der besonderen Situation während der Covid-19-Pandemie neue Wege, die vor einem Jahr noch undenkbar gewesen wären.» So können beispielsweise Medikamente zu Studienzwecken den Patienten direkt nach Hause geschickt werden oder jemand aus dem Studienteam macht für einfache Untersuchungen einen Hausbesuch. «Dadurch können wir das Risiko einer möglichen Ansteckung minimieren», erklärt Simone Ferbitz. Und ihre Kollegin Verena Gafner ergänzt: «Natürlich muss dies vonseiten der Studienverantwortlichen so umgesetzt werden, dass dabei alle gesetzlichen Vorgaben und ethischen Grundsätze berücksichtigt bleiben.»

Zur Sache: Beispiel Epilepsie-Studie

Klinische Studien werden durch die pharmazeutische Industrie im Rahmen der Arzneimittelentwicklung oder durch klinisch forschende Ärzte initiiert. Die Anforderungen an klinische Versuche mit Arzneimitteln sind national wie international vorgegeben und werden vor und auch während ihrer Durchführung durch verschiedene Instanzen überprüft (Swissmedic, Ethikkommission). Dabei sind Swissmedic und die Ethikkommissionen für unterschiedliche Prüfbereiche zuständig. Eine praktische Durchführung ist komplex und setzt seitens der involvierten Firmen, Forschungsgruppen und Spitäler zahlreiche logistische Vorbereitungen, ein effizientes Management sowie eine exakte Dokumentation voraus.
So zum Beispiel auch die Epilepsie-Studie, die von Verena Gafner vor Kurzem auf Herz und Nieren untersucht wurde. «Als Erstes überprüfen wir die Beschreibung des klinischen Versuches. Die Studie wird registriert und an einen Reviewer zugeteilt, der bis zur Bewilligung für diese Studie verantwortlich ist. Wir prüfen innerhalb von sieben Tagen die Vollständigkeit der Unterlagen und fordern gegebenenfalls fehlende Dokumente nach. Nach Eingang aller Unterlagen hat Swissmedic genau 30 Kalendertage Zeit, um die Qualität und das Sicherheitsprofil der Prüfmedikation zu begutachten. Zur Durchführung einer klinischen Studie braucht es zusätzlich die Bewilligung der Ethikkommission», erklärt Gafner. Und fährt fort: «Die Forschenden müssen ihr Gesuch bei der Ethikkommission ihres Standorts einreichen. Diese überprüft, ob ein klinischer Versuch wissenschaftlichen und ethischen Kriterien standhält. Erst wenn die Studie von beiden Behörden bewilligt ist, kann sie an den zuständigen Stellen durchgeführt werden – zum Beispiel an bestimmten Dienstleistungszentren, Spitälern oder Arztpraxen. Die Epilepsie-Studie konnte nach einem Monat bewilligt werden. Im weiteren Verlauf einer Studie folgen die Berichterstattungspflichten, die sogenannten Reportings: Jährlich muss zum Beispiel ein Bericht zur Beurteilung der Sicherheit eingereicht werden.

Weiter gehts: mit Stichproben

Ob die klinischen Versuche gesetzeskonform durchgeführt werden oder nicht, wird stichprobenmässig durch Inspektionen überprüft. «Nach der Bewilligung der Studie und dem Studienprotokoll muss kontrolliert werden, ob die Rechte der Patientinnen und Patienten nicht verletzt wurden und die Patientensicherheit gewährleistet ist», erklärt Simone Ferbitz. Genügt die Durchführung der klinischen Versuche den gesetzlichen Anforderungen in Bezug auf Qualität und Datenintegrität? Werden die gesetzlich vorgeschriebenen Meldepflichten zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen eingehalten? «Von den jährlich 200 bewilligten Studien können wir höchstens zehn Prozent stichprobenmässig überprüfen», stellt Ferbitz klar. Das jährliche Inspektionsprogramm wird basierend auf objektiven Risikokriterien zusammengestellt; zum Beispiel die Entwicklungsphase, in der sich ein künftiges Arzneimittel befindet, oder ob vulnerable Versuchspersonen (z.B. Kinder) involviert sind. Dabei suchen Ferbitz und ihr Team in die Durchführung und das Management von klinischen Versuchen involvierte Spitäler, Firmen und Forschungsgruppen auf.

Fazit: Darum gibts die Inspektionen

Tatsache ist: Die Überwachung und Inspektion der klinischen Versuche ist unabdingbar und von hoher Wichtigkeit: «Wenn regelkonform durchgeführte Studien aufzeigen, dass ein Arzneimittel wirksam und sicher ist, können die Firmen die Zulassung beantragen», bringt Alexander Mion den Stellenwert klinischer Studien auf den Punkt. Für die Patientinnen und Patienten und im Namen der Sicherheit, der Wirksamkeit und der Qualität.

Verena Gafner
Verena Gafner, Mitarbeiterin Abteilung Klinische Versuche KLV
Verena Gafner, Mitarbeiterin Abteilung Klinische Versuche KLV
Verena Gafner, Mitarbeiterin Abteilung Klinische Versuche KLV
Verena Gafner, Alexander Mion und Simone Ferbitz