Praxis von Swissmedic im Umgang mit EG-Zertifikaten für Medizinprodukte

Die Publikation “Praxis von Swissmedic im Umgang mit EG-Zertifikaten für Medizinprodukte” vom 22. Dezember 2016 ist überholt.

22.12.2016

Hintergrundinformationen

Die seit 2013 europaweit verschärften Marktüberwachungsaktivitäten für Medizinprodukte zeigen Wirkung. Die Konkretisierung und Verschärfung der Vorgaben im Rahmen des PIP-Aktionsplans der EU führte dazu, dass mehrere Konformitätsbewertungsstellen (KBS resp. Notified Bodies) in Europa und in der Schweiz ihre Aktivitäten im Bereich Zertifizierung von Medizinprodukten nicht mehr weiterführen. Dieser Umstand hat für Hersteller von Medizinprodukten Konsequenzen.

Die bisher durchgeführten 55 Joint Assessments (d.h.  internationale Inspektionen der Konformitätsbewertungsstellen (KBS)) haben dazu geführt, dass sich die Zahl europäischer und Schweizer KBS von ca. 80 auf unter 60 verringert hat. Zusätzlich wurde teilweise auch der Geltungsbereich der Bezeichnungen von KBS eingeschränkt. Dies führt dazu, dass derzeit ca. 3'000 EG-Zertifikate ohne Überwachung durch KBS sind. Viele Hersteller müssen kurzfristig eine neue KBS finden, die ihre Produkte zertifiziert. Dieser Prozess gestaltet sich nicht einfach und kann aktuell bis zu einem Jahr in Anspruch nehmen.

Aus regulatorischer Sicht ist die Gültigkeit von EG-Zertifikaten in dieser Übergangszeit nicht abschliessend geklärt. Damit verbunden stellt sich namentlich die Frage nach dem weiteren Erstinverkehrbringen von Medizinprodukten mit betroffenen EG-Zertifikaten.

Diese Problematik und die Dringlichkeit sind Swissmedic und den Partnerbehörden der anderen Vertragsstaaten bekannt. Daher wurde an einer europäisch harmonisierten Verfahrensweise gearbeitet, welche Ende Oktober im Beisein von Swissmedic in Bratislava verabschiedet wurde.

Diese sieht vor, dass „… die Marktkontrollbehörden unter bestimmten Umständen betroffenen Herstellern eine bestimmte Frist (in Europa als „Period of Grace“ (PoG) bezeichnet) zugestehen können, während der das Inverkehrbringen der vom Bezeichnungsrückzug betroffenen, sicheren und wirksamen Medizinprodukten toleriert wird und dem Hersteller die Gelegenheit geboten wird, die Konformität zu den regulatorischen Vorgaben wiederherzustellen.“

Schweizer Praxis im Umgang mit betroffenen EG-Zertifikaten

Swissmedic hat entschieden, sich an der harmonisierten europäischen Vorgehensweise zu orientieren.

Hersteller mit Sitz in der Schweiz, welche von solchen EG-Zertifikaten betroffen sind, haben somit nach Wegfall der Bezeichnung (ganz oder teilweise) ihrer bisherigen KBS, innert maximal 12 Monaten (PoG) den rechtsgültigen Zustand ihrer Produkte wieder herzustellen.

Innert dieser Zeitspanne verzichtet Swissmedic auf die Ergreifung von Massnahmen gegen das weitere Erstinverkehrbringen von Medizinprodukten mit der Identifikationsnummer ihrer „alten“ KBS, sofern folgende Bedingungen vollumfänglich erfüllt werden:

  • Die Produktsicherheit ist gewährleistet, d.h. die durch das EG-Zertifikat abgedeckten Medizinprodukte stellen kein bekanntes oder relevantes Risiko dar
  • Die grundlegenden Anforderungen sind nach wie vor vollumfänglich erfüllt
  • Der Hersteller kann nachweisen, dass der Prozess zur Erneuerung der EG-Zertifikate der betroffenen Produkte bei einer neuen KBS initiiert wurde
  • Der Hersteller kann jederzeit eine Übersicht über seine betroffenen Produkte/EG-Zertifikate sowie deren aktuellen Status vorlegen.

Einzureichende Unterlagen

Der Hersteller muss Swissmedic bis spätestens 30 Tage nach Wegfall der Bezeichnung der KBS eine schriftliche Bestätigung einreichen, wonach die obgenannten Bedingungen vollumfänglich erfüllt sind. Dieser Bestätigung sind folgende Dokumente beizulegen:

  • ein Kopie des EG-Zertifikates mit allfällig dazugehörenden Produktlisten
  • die Konformitätserklärung für die betroffenen Produkte
  • eine schriftliche Bestätigung der neuen KBS, dass der Prozess für eine neue Zertifikatserteilung initiiert wurde
  • der vorgesehene Zeitplan.

Swissmedic wird den Erhalt der Dokumente mit einer Empfangsbestätigung quittieren.

Wichtig

Bei der Frist handelt es sich nicht um eine amtliche Verlängerung eines EG-Zertifikats, sondern ausschliesslich um eine Frist, welche einem Hersteller aus Verhältnismässigkeits-überlegungen zugestanden wird, um die ohne sein Verschulden entstandenen formellen Unzulänglichkeiten zu beseitigen. Swissmedic übernimmt zu keinem Zeitpunkt die Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten einer KBS.

Das Institut behält sich zu jedem Zeitpunkt vor, gegen Hersteller, deren Produkte die Anforderungen nicht erfüllen oder ein Risiko darstellen können, vorzugehen und entsprechende Massnahmen anzuordnen.

Weiter macht Swissmedic darauf aufmerksam, dass das Institut in den privatrechtlichen Verträgen zwischen den KBS und den Herstellern nicht Partei ist und keinen Einfluss auf den Prozess der Produktzertifizierung hat. Sämtliche KBS, welche berechtigt sind, EG-Zertifikate im Sektor der Medizinprodukte auszustellen, sind zusammen mit ihrem Geltungsbereich (MD-Scopes, z.B. MD 0106 für non-active instruments) in der europäischen NANDO-Datenbank aufgeführt.

Ausstellen von Exportzertifikaten (Free Sales Certificates (FSC))

Für betroffene EG-Zertifikate werden auf entsprechendes Gesuch bis zum Ende der PoG Exportzertifikate durch Swissmedic ausgestellt. Die Exportzertifikate werden, unter Wahrung der gängigen Praxis, über die übliche Gültigkeitsdauer ausgestellt.

Rolle von Swissmedic
Swissmedic ist die zuständige Schweizer Behörde für die Überwachung der Medizinprodukte nach dem Marktzutritt. Swissmedic führt risikobasiert und anhand von Stichproben nachträgliche Kontrollen durch, mit dem Ziel, die Konformität der auf dem Schweizer Markt befindlichen Medizinprodukte mit den gesetzlichen Anforderungen sicherzustellen.

Im Gegensatz zu den Arzneimitteln mit einer nationalen behördlichen Zulassung, kommt dem Institut bei Medizinprodukte primär eine marktüberwachende Rolle zu. Es ist gesetzlich nicht möglich, dass Swissmedic EG-Zertifikate ausstellt oder verlängert.

 

Rolle der Hersteller
Das System des „New and Global Approach“ ermöglicht einen einfachen und raschen Marktzugang, verlangt aber im Gegenzug einen hohen Grad an Eigenverantwortung der Firmen: Die Firmen sind dafür verantwortlich, dass ihre Produkte jederzeit konform sind.

Die betroffenen Hersteller müssen sich daher schnellstmöglich um eine neue Konformitäts-bewertungsstelle (KBS) bemühen.

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